Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Taylor, E.:20

Doctor Louis Spohr
Hesse. Cassel.
Allemagne. –


Mein theurer geehrter Freund,

Wider Willen habe ich mich genöthigt gefügt, bis jetzt mit einer Antwort auf Ihren Brief vom 8. Mai zu zögern, den ich durch unseren guten Freund Moscheles erhielt1, der mir auch zu gleicher Zeit 20 Guinen für Sie bezahlte. Sollten Sie noch nicht den Betrag der verschiedenen Stimmen, die ich Ihnen schuldige, berechnet haben, so müßten Sie vielleicht wünschen, diese 20 Guineen für sich einzeln zu zeihen, und in dieser Voraussetzung habe ich das Geld meinem Bankier für Sie übergeben. – Das Postgeld für Pakete ist hier so entsetzlich theuer, daß ich mich schon nach einer Gelegenheit bemüht habe, u. sobald ich eine solche genau bestimmen kann, werde ich es Sie wissen lassen. bis dahin bitte ich, die Parthieen des Oratoriums für mich zu berechnen.
Ich wünsche, in Bezug auf die Herausgabe der Englischen Uebersetzung von „Babylon,” hierin nur Ihnen zu gehorchen. Mich dünkt, am besten wäre es, (und ich erinnere mich, Sie waren im vorigen Jahre, als ich mit Ihnen über diesen Gegenstand sprach, meiner Meinung) beide Publicationen (Deutsch und Englisch) zu gleicher Zeit zu besorgen, und zwar so, daß es in die des Norwicher Musikfestes fällt; ich werde auch Sorge tragen, daß kein Theil des Oratoriums erscheint, bis ich Ihre Einwilligung dazu habe. Erschiene die Deutsche Abschrift vor der Englischen, so würden sehr wahrscheinlich unsere Buchhändler sie in Buchstücke zerschneiden, und solche Theile u. zwar in solcher Gestalt drucken, als ihnen für den Verkauf am vortheilhaftesten dünkt. Es möchte hier vielleicht zuerst in folgender Weise eingeführt werden: „The Quadrilles & Belshazzar Walzes, arranged from Spohr’s new Oratorio.”
Ich sehne mich nach der Bekanntschaft Ihres neuen Psalms, aber leider ist Moscheles in dieser Jahreszeit so unaufhörlich engagirt, daß er kaum eine freie Stunde finden kann. Ich gratulire Ihnen zu diesem ersten Versuche mit Englischem Texte, da Moscheles mir von Ihrem bewundernswürdigen Erfolg erzählt hat. Sie haben aber in der That in Ihrer Frau Gemahlin eine so geschickte Engländerin zur Seite, daß ich denke, Sie werden wenig Schwierigkeiten angetroffen haben. Ich kann mir wohl denken, daß Madame Spohr eine vortreffliche deutsche Uebersetzung ablieferte. Oft habe ich gewünscht, Sie möchten einmal mit ihrer freundlichen Hülfe den Comus von Milton überlesen. Es ist dies das schönste Gedicht seiner Art in unserer Sprache und war ursprünglich für die Musik beabsichtigt. Mich dünkt, manche Stellen würden, außer den Gesängen, sich herrlich durch Musik ausdrücken lassen. Dr. Arne machte den Versuch2, allein er war als Componist nicht große genug, um in eine Verbindung mit Milton sich einlassen zu können. – Ich habe Charles Horsley u. dessen Schwester mehre Male gesehen. Beide sind voll des lebhaftesten Dankgefühls für Ihre Güte gegen sie. Auch machte Charles mir einige Hoffnung, ich würde unseren Freund Hauptmann hier sehen. Ich brauche kaum hinzuzufügen, mit welcher Freunde ich ihn auf Englischem Boden bewillkommnen würde.
Sie werden erfahren haben, daß ich in Kurzem mein Haus in Regent Square aufgebe. Meine Familie wird künftig in Norfolk residiren, wo ich sie für die nächste Zeit so oft wie möglich besuchen, u. wo (wie ich hoffe,) ich in nicht zu langer Zeit3 alle meine Lieben auf immer zusammen wohnen werden. London bietet manche Vergnügungen u. Vortheile, allein diese werden durch ein mühevolles Leben theuer genug erkauft, und ich werde mich freuen, mich4 unserer göttlichen Kunst in ländlicher Zurückgezogenheit ungestörter widmen zu können. Meine Adresse ist für jetzt „Red Lion Court. Fleet Street – London.”
Sie werden sich leicht denken können, daß ich in Gedanken noch einmal die Freuden meines Besuchs bei Ihnen genieße; – an jeden Tag knüpft sich eine dankbare Rückerinnerung, bald sind es unsere reizenden Parthien, bald unsere interessanten Gespräche. Die Zeit ist nicht mehr fern, hoffe ich, wenn ich Ihrer Ankunft in England nach Monaten werde beehren können.
Empfehlen Sie mich freundlichst an Madame Spohr, Frau v. Malsburg, an Ihre Töchter u. an alle Mitglieder von Madame Spohr’s Familie.
Stets mit inniger Freundschaft

der Ihrige
Edw. Taylor


(Mehr denn zwölf Male bin ich während des Schreibens unterbrochen worden, so daß ich fast verzweifelte, je an’s Ende zu kom.
Dies zur Entschuldigung für den Mangel an Zusammenhang.
Meta T.)


Since the fair secretary has written my letter I have had the great pleasure to see & hear your Anthem, at a small party where Moscheles & Benedict were present. We all admired it very much. You have suceeded admirably in setting English words. There is not a single wrong accent, & I should not have known (but that I always know your music) that the words had set by a foreigner.

Autor(en): Taylor, Edward
Taylor, Meta
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Benedict, Julius
Milton, John
Moscheles, Ignaz
Erwähnte Kompositionen: Arne, Thomas : Comus
Spohr, Louis : Der Fall Babylons
Spohr, Louis : Psalm 128, op. 122
Erwähnte Orte: London
Erwähnte Institutionen: Norfolk and Norwich Triennial Festival
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1841062534

Spohr



Dieser Brief ist nach Ausweis des Texts die Antwort auf Spohr an Taylor, 08.05.1841. Dieser Brief ist nicht datiert. Der Poststempel ist verwischt; der Tag „25“ ist wahrscheinlich, der Monat jedoch nicht zu erkennen. Taylor berichtet im Brief, er habe Spohrs Vorbrief zusammen mit dem Honorar für den Psalm 128 von Ignaz Moscheles erhalten; Moscheles wiederum gibt an, das Honorar am 31.05.1841 an Taylor übergeben zu haben (vgl. Ignaz Moscheles an Spohr, 04.06.1841). Da Spohr in seinem Antwortbrief vom 19.08.1841 bereits die neue, in diesem Brief mitgeteilte Adresse verwendet, müsste er dann entweder am 25.06. oder 25.07.1841 abgeschickt worden sein. Da Taylor in der Nachschrift eine private Aufführung des Psalms in Anwesenheit Moscheles‘ erwähnt, Moscheles jedoch Ende Juli bereits in Boulogne war (vgl. [Charlotte Moscheles], Aus Moscheles’ Leben. Nach Briefen und Tagebüchern, Bd. 2, Leipzig 1873, S. 82), wurde dieser Brief vermutlich am 25.06.1841 abgeschickt, wobei der Hauptteil des Briefs wohl einige Tage eher entstand.
Wie in seinen Briefen an Spohr in dieser Zeit üblich, ließ Taylor den deutschen Teil des Briefs von seiner Schwiegertochter Meta schreiben (vgl. Taylor an Spohr, 10.11.1840).

[1] Vgl. Ignaz Moscheles an Spohr, 04.06.1841.

[2] Vgl. Comus. A Masque altered from Milton. As performed at the Theatre-Royal in Covent-Garden. The Musick Composed by Dr. Arne, London 1772.

[3] Hier gestrichen: „Alle”.

[4] „mich” über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (19.12.2018).