Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Herrn
Hofkapellmeister L. Spohr
Doctor
in
Cassel

franco!


Mein sehr geschätzter Freund!

Seit 14 Tagen heimgekehrt zehre ich von den schönen Tagen, welche ich mit meiner Frau in der sächsischen Schweiz zugebracht. Pillnitz, Bastei Großer & Kleiner Winterberg, das Prebisthor, Festung Königstein etc. herrliche Punkte! Sie haben die Reise 2 oder 3 Jahre früher gemacht!1 Ihr Duo2 (bei Simrock) dieses soll mir noch in späten Jahren eine Würze seyn.
Der Hauptgrund meines heutigen Schreibens ist anzuzeigen, daß ich Anfangs July (spätestens den 10ten) mit meiner Frau nach Petersburg & Moskau reise, wenn der Himmel keine Hindernisse schickt. Ich werde über Copenhagen, Gothenburg & Stockholm gehen & stehe zu allen Aufträgen die Sie mir an diesen Plätzen geben werden, mit Leib & Seele zu Befehl. Disponiren Sie frei über mich.
Freund Mechetti beneide um Ihre wundervolle Sinfonie – ich glaubte nicht – daß Sie3 das Werk schon so schnell weggeben würden – denn ich hatte die Absicht mich deßhalb bei Ihnen zu melden. Meine ganze Freude & Thätigkeit wende ich auf das Pfte. Trio, welchem ich sehnlichst entgegen sehe. Sagen Sie mir hochgeehrter Freund, darf ich das heißersehnte Trio noch vor meiner Abreise erwarten oder nicht? – Zu der Petersburger Reise denke ich 5 Wochen zu verbrauchen.
Sie werden denken: „der Schuberth hat doch gar keine Ruh, mit dem ist's doch gar nicht auszuhalten.“.
Ja, ja, Sie mögen Recht haben, aber um die großen Herren muß man sich schon bemühen. Seyn Sie also nicht böse wenn ich früher erinnere als Ihnen lieb ist. –
Augenblicklich stehe ich in Unterhandlung mit zwei Instrumenten, die ihres Gleichen vergeblich suchen: es ist Joseph Guarnerius & ein Stradivarius. Sollte ich so glücklich seyn diese zu acquiriren, so – sende ich Ihnen solche auf einige Zeit zu Ihrem Amusement nach Cassel.
Nun bleiben Sie mir gewogen & empfehlen Sie mich den lieben Ihrigen.

Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr größter Verehrer
Julius Schuberth

Hamb. 9/6 41.

Heute habe ich Order an Leipzig gegeb., Ihnen aus meinem Verlag4 durch die Leonhardtsche Hofbuchhandlung zu senden
1 Liszt Beethovens geistliche Lieder No 1–6
1 Tableau in Stahlstich der Pianofortehelden
                    Chopin, Mendelssohn, Liszt, Thalberg, Henselt
Beides wird Ihnen Vergnügen machen.



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schuberth an Spohr, 29.04.1841. Spohrs Antwortbrief ist derzeit verschollen.

[1] Spohr reiste im Sommer 1836 mit seiner zweiten Frau Marianne, seinem Freund Adolph Hesse und der Prager Familie Kleinwächter in die sächsische Schweiz (vgl. Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hrsg. v. Folker Göthel, Tutzing 1968, Bd. 2, S. 170ff., Text mit fehlerhafter Paginierung auch online; Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 2, Kassel und Göttingen 1861, S. 209ff.).

[2] Nachklänge einer Reise nach Dresden und in die sächsische Schweiz op. 96.

[3] „Sie“ über der Zeile eingefügt.

[4] „aus meinem Verlag“ über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (02.02.2021).