Carl Meyer an Louis Spohr in Kassel

Luzern d. 25. März 1841.

Euer Wohlgebohren!

schätzbare Zuschrift v. 27 Jan. erwiedernd, berichte ich Sie daß die Chorstimmen d. Oratoriums mir kürzlich zugekommen sind.¹ Da Sie Partitur & Orchester-Stimmen mir auf Ende dieß zu senden hoffen, ersuche ich Sie mir so beförderlich wie möglich zu Postwagen
die Partitur. – Violin 1^mo & 2^do 3fach Contrabass 2fach, alle übrigen Instrumente einfach, zum Voraus zuzusenden, damit wir mit den Orch. Proben beginnen können; den übrigen Theil der bestellten Parthien können Sie dann nachsenden.
In Betref² des Clavierauszuges habe ich bekannt gemacht daß derselbe zu Rth. 4. noch zu haben ist und will nun gewärtigen ob allfällige Bestellungen dafür einkommen. Der Chor arbeitet tüchtig und ich habe alle Hofnnung daß derselbe seine schwierige Aufgabe befriedigend lösen werde; für das Orchester bin ich mehr besorgt, denn die Instrumentation dieses Oratoriums scheint sehr schwierig zu sein, - ich bitte Sie die Sendung der Partitur & obiger Stimmen doch zu beschleunigen.
Es ist mir gelungen Mad. Stockhausen für die Parthie der Maria zu gewinnen. Mad. Stockhausen (deren Mutter eine Luzernerin gewesen) freut sich bei diesem schweizer. Musikfest in Luzern mitzuwirken und ich glaube diese Parthie hätte wohl nicht in bessere Hände gelegt werden können. Stimme & Vortrag dieser ausgezeichneten Künstlerin eignet sich sehr zu dieser herrlichen Parthie der Maria. – Noch habe ich eine Frage an Sie zu richten in Betref des Chors „Schmach etc. darin kommt p. 54 des Clav. A. ein poco ritard. von sogleich darauf „a tempo“, dieß wird tempo primo verstanden sein & sich nicht auf das Zeitmaas bei „Wir sind Abrahams Sahme³ “ beziehen, lezteres Zeitmaas wird doch richtig mit q = 76 abgegeben sein?⁴
Ich empfehle Ihnen schließlich nochmals recht beförderliche Sendung & bin

mit vollster Hochschätzung & Verehrung
Ihr ergebenster
Carl Meyer