Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Inhaltsangabe: Folker Göthel, Thematisch-bibliographisches Verzeichnis der Werke von Louis Spohr, Tutzing 1981, S. 201

Pietro Mechetti qm1 Carlo.
kais. königl.
Hof-Kunst- und Musikalienhandlung2

Wien, d. 10. März
1841.

Werthgeschätzester Herr Kapellmeister!

Ihr Jüngstes vom 27. vor. Mts. giebt mir Veranlassung nächst diesem auch zugleich die geehrte Zuschrift vom 3. Decbr. a. pr. zu beantworten.
Zuvörderst die Bestätigung, daß der Eingang Ihrer Partitur der Histor. Sinfonie von Leipzig erfolgt ist. Nach reiflicher Erwägung bin ich gesonnen, nachstehende Editionen zu veranstalten
1) in Partitur (Hochformat);
2) in Stimmen;
3) für Piano à 4ms;
4) für Piano à 2ms;
die beiden Arrangements werde ich durch Herrn Carl Czerny fertigen lassen und hoffe Ihre Genehmigung zu dieser Wahl zu erhalten.
Die Berichte in der Leipz. Musik-Zeitungen über die dortige Aufführung Ihrer Sinfonie sind mir nicht unbekannt geblieben und haben mir leider eben so wie Ihnen die Ueberzeugung verschafft, daß jene Bericht wol nicht aus den lautersten Quellen geflossen seyn mögen.3 Ich für meine Person würde übrigens nicht leicht über diese Referate hinwegsetzen, wenn nicht die betr. Zeitschriften beim größten Theile des musikalischen Deutschlands eines besondern Rufs zuversichtliche Autorität sich erfreuten, in dieser Beziehung also die erwähnten Berichte dem Absatze Ihres Werks wol nachtheilig seyn könnten. – Gerade aus diesem Grunde war es mir höchst erfreulich, Ihre Wünsche hinsichtlich einer Besprechung der Sinfonie durch Herrn Hofkapellmstr. Ritter v. Seyfried hier zu vernehmhmen, welche auch mir als der Geeignetste am hies. Orte erscheint.
Die mit Herrn v. Seyfried gehabte Unterredung war indeßen nicht ganz von gewünschtem Erfolg. – Hr. v. S. läßt Ihnen durch mich seinen wärmsten Dank für das in ihn gesetze Vertrauen bezeugen, kann sich bey seinen angenommenen Grundsätzen getreu und mit spezieller Berücksichtigung der oft erwähnten Leipziger Berichte, nur dann zu einer Beurtheilung entschließen, wenn die Sinfonie in gestochener Partitur vorliegt, oder auch die Gelegenheit geboten wird, das Werk zu hören. – Das Letztere ist für diesen Winter unmöglich; wir haben nur noch 2 Concerts spirituels vor uns, über dem Program schon längst deponirt ist (beiläufig bemerkt kömmt morgen Ihre Sinfonie „Weihe der Töne“ zur Aufführung). Mit der öffentlichen Orch. Aufführung müßem wir uns demnach schon zum nächsten Winter gedulden, alsdenn ist mir die Aufführung durch Herrn v. Lannoy bereits zugesichert. – Die Partitur eines Werks, das hier noch ganz unbekannt ist, im Manuscript zu besprechen, hält Herr v. S. (und ich muß ihm darin vollkommen beipflichten) namentlich mit Bezug auf die Leipziger Vorfälle und da Ihr Werk gerade hier erscheint, für zu gesucht; – es könnten denn beim Publikum leicht Vermuthungen entstehen, denen sich H.v.S. auszusetzen, oder die zu widerlegen er seiner Stellung nach wenig Neugung hat. – Die Partitur wird Mitte bevorstehenden Sommers in Stich u. Druck beendigt seyn; Sie können alsdenn der schleunigen Beurtheilung Ihres Werks Seitens des Herrn von S. versichert seyn.
Die mir neuerdings angetragene Fantasie f. Piano & Violine nehme ich mit Vergnügen an. – Das Honorar von Rth. 125. - Pr. Court.4, ebenso auch 30 Stück Preuß. Friedr.d’or, abzüglich fl. 50- CM.5 für die Partitur des Samson, werde ich Ihnen in der bevorstehenden Leipz. Ostermesse durch meinen Sohn von Leipzig aus einsenden. – Es convenirt mir mehr zu dies. Zeit und gar dergl. aus6 Zahlungen in Preuß. zu7 leisten, während hier diese Sorten sehr gesucht und deßwegen im verhältnißmäßig höheren Course stehen. Auch setze ich voraus, daß diese Weise der Zahlung Ihnen eben so als die bemerkte recht seyn wird.
Das offerirte Duo f. Pf. & Vln. (Themen aus einer Ihrer Opern) bitte ich mir gefälligst pr. Postwagen recht bald einzusenden.
Mit vorzüglichster Hochachtung habe ich die Ehre mich zu empfehlen

Ew. Wohlgeboren
ganz ergebener
Pietro Mechetti qm Carlo
./.8



Dieser Brief ist die Antwort auf die derzeit verschollenen Briefe Spohr an Lannoy, 03.12.1840 und 27.02.1841. Spohr beantwortete diesen Brief am 11.04.1841.

[1] Abk. f. „quondam“ = hier „vormals“.

[2] Bis hier Vordruck auf dem Briefpapier.

[3] Vgl. „Leipzig, den 10. Januar 1840“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 43 (1841), Sp. 61-68; „Elftes Abonnementconcert, den 7. Januar 1841“, in: Neue Zeitschrift für Musik 14 (1841), S. 53f.

[4] Abk. f. „Preußisch Courant“.

[5] Abk. f. „florin“ (Gulden) und „Conventionsmünze“.

[6] „und gar dergl. aus“ über der Zeile eingefügt.

[7] „zu“ über der Zeile eingefügt.

[8] Bei dem Zeichen „./.“ handelt es sich um einen freimaurerischen Zusatz zur Unterschrift (Philippe A. Autexier, Lyra Latomorum. Das erste Freimaurerliederbuch. Masonica über Haydn Mozart Spohr Liszt, pdf-Version nach dem Typoskript im Deutschen Freimaurermuseum Bayreuth, S. 340 und 348).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit nicht in den Anmerkungen anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (15.12.2021).