Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Druck: Michael Kube, „,Wer Spohr’s Kompositionen sucht, weiss was er findet‘. Louis Spohrs Kammermusik im zeitgenössischen Kontext“, in: Spohr-Jahrbuch 3 (2019), S. 9-18, hier S. 14 (teilweise)

Herrn Hofkapellmeister Doctor
Louis Spohr
Cassel

franco!


Hamburg, 8n Marz 41

Sehr geschätzter Herr Kapellmeister!

Ihr liebes Schreiben vom 4t d.M. hat viel Freude im musikal. Hause gemacht. Pfte. Trio von Meister Spohr!! Darauf bin ich gewaltig stolz! An Freund [Liszt]1 schicke ich das erste Exemplar – der wird’s auswendig lernen & den Engländern Franzosen, Deutschen & Russen in seinen Concerten vorspielen. Sie müssen nehmlich wissen hochgeehrter Freund: Liszt hat bei mir Ihr großes Pianoforte Quintett auswendig zum Entzücken gespielt, doch natürlich mit Bearbeitung.2, eben so hat er das Hummelsche Septett auswendig gespielt, das einzige Werk was sich mit Ihrem Quintett messen kann sagte Liszt. Liszt ist in jeder Beziehung ein gediegener Mann & er sehnt sich Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen. In einem seiner letzten Concerte in England hat er Ihr Quintett mit außerordentlichem Beifall gespielt. Jetzt ist Liszt wieder in Paris. Er hatte mir fest versprochen Anfang Marz nach Berlin zu gehen – aber es muß etwas dazwischen gekommen seyn.
Freund Schwenke3 habe ich Ihren Dank & Antheilnahme versichert; er läßt Sie durch mich herzlich grüßen.
Was nun Ihre Harfensonaten betrifft, so bin ich mit Ihnen durchaus nicht einer Meinung – denn ich kann Ihnen hiermit auf Ehre versichern daß solche auf Pianoforte in Gesellschaften außerordentliche Furore gemacht haben – erst neulich spielte ich solche mit Beifall für Kenner & Laien. Der sprudelnde Harmonie Wechsel ist freilich in diesen Sonaten nicht, dagegen eine wohlthuende Einfachheit, die wohl Wenige in Compositionen erreichen werden. Schwenke ist mit mir einer Meinung, das will etwas sagen. Ich habe ihm 1 Expl. d. Sonaten verehrt, die er mit Wolgefallen seinen Sohne4 spielen läßt. Frd Schwenke hat mich aufgefordert nächstens einen Abend bei ihm zu zu bringen; da soll dann Op. 113 f. Pfte & Violin wiederhohlt werden. Uebrigens lasse ich die Pfte Uebertragung durch einen kundigen Pianisten Hn. Ed. Marxsen, der mancherlei für Harfe geschrieben, machen. Nachdem das geschehen bekommt solche dann unser Schwenke zur Correktur5 der sehr eigensinnig damit zu Werke geht. Sie dürfen also ohne Sorge seyn. Componist & Verlag können von diesen gediegenen allgemein ansprechenden Werken nur Ehre haben. Die Pariser & Londoner Verleger sollen uns keinen Maasstab geben – sie sind Maasstab wie Verleger nicht agiren müssen.
Seyn Sie also so gütig & senden die beiden Violinstimmen.
Ihr Portrait6 hat allerdings noch an Ahnlichkeit gewonnen. Mit nächster Sendung bin ich so frei eine kleine Parthie [zu schicken]7. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau Gemahlin & bleiben Sie gewogen


Ihrem
Verehrer
Julius Schuberth



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Schuberth, 04.03.1841. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Schuberth, 29.04.1841, aus dem sich noch ein derzeit verschollener Brief von Spohr an Schuberth erschließen lässt.

[1] „Liszt“ über der Zeile eingefügt.

[2] „doch natürlich mit Bearbeitung.“ am linken Seitenrand eingefügt.

[3] Johann Friedrich Schwencke.

[4] Friedrich Gottlieb Schwencke.

[5] „zur Correktur“ über der Zeile eingefügt.

[6] Die Lithografie von Johann Friedrich Wilhelm Theodor Roux, die auch als Titelbild für Schuberts Ausgaben der Sonaten op. 113, 114 und 115 diente.

[7] Offenbar hat Schuberth hier am Ende des Briefes wegen des Platzmangels oder aus Zeitdruck das Verb vergessen bzw. ausgelassen.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (13.01.2021).