Gottfried Herrmann an Louis Spohr in Kassel

Wohlgeborner,
Hochverehrtester H. Kapellmeister!

Fürs Erste den verbindlichsten Dank für so gütige Übersendung Ihrer Werke. Die Partitur-Abschrift erhielt ich erst heute von beyden Copisten, u. sende sie Ihnen unverzüglich. Die Aufführung findet am Charfreytage den 9^ten Aprill in der Marienkirche statt, u. wäre es Ihnen durchaus nicht möglich mir das Oratorium so lange zu überlassen, so müßte ich recht sehr um baldige gütige Nachsicht bitten. Gern hätte ich es bald nach dem Charfreytage auch einmal zu irgend einem wohlthätigen Zwecke aufgeführt; erhalte ich aber wieder keine Nachricht von Ihnen, so werde ich Ihnen Alles sogleich nach dem Charfreytage mit dem größten Danke zusenden. Hoffentlich wird es dann nicht zu spät ankommen. Ich bin schon tüchtig beym Einstudiren der Chöre, u. wenn der Himmel seinen Seegen dazu giebt, so denke ich soll die Aufführung in unsrer schönen Kirche glänzend werden, u. ich werde die Chöre nach unsern Kräften so stark als möglich besetzen, wenigstens denke ich doch 100 Stimmen zusammen zu bringen. Unter den besten Empfehlungen von uns an Sie u. Ihre verehrten Damen, verbleibe ich mit der größten Hochachtung

Ihr ganz Ergebener
Gottf. Herrmann.

Lübeck, den 31^ten Januar
1841.

NB. In der Meinung, daß Ihnen der Transport dieser Partitur ergütigt werde, bin ich so frey gewesen, es nicht frey zu machen.