Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Inhaltsangabe: Folker Göthel, Thematisch-bibliographisches Verzeichnis der Werke von Louis Spohr, Tutzing 1981, S. 440

Ein musikalisches Packet in Pappe
gez. HS No 2 an
den
Herrn Hofkapellmeister
Doctor Louis Spohr
in
Cassel.

franco!

1282,
JS.


Hamburg, 26/1 41

Mein hochgeschätzter Herr Capellmeister

Es wird doch endlich Zeit, daß ich wieder einmal etwas von mir hören lasse in Betreff Ihrer Werke. Heute beabsichtigte [ich] eigentlich Ihnen die 2te Sonate1 zu schicken, statt dessen folgen einstweilen:
6 Exemplare der Scena & Aria2.
Mein bester Stecher (in Leipzig) der mit allem Fleiße & höchster Akkuratesse an Ihrer 2tn Sonate sticht, bittet mich ihm doch baldmöglichst auch die 3te Sonate3 & das Potpourri4 zu senden, da er gerade sich hineingearbeitet & ungern eine andre Arbeit vornehmen möchte um diese 4 Spohrschen Werke5 in übereinstimmendem gleichen Stich zu behandeln.
Sie würden mir, hoher Gönner, allerdings eine große Gefälligkeit durch Zusendung beider Werke erweisen, wodurch zugleich die Sprache & der Zeitverlust Korrekturensendung vermindert werden.
Was nun mein Versuch betrifft Ihre Opus 113 bis 116 in London6 & Paris anzubringen, so ist derselbe gänzlich gescheitert. Die französischen & englischen Verleger sind ja erbärmliche Musiker, die man richtigen Namen „musikalische Jecken“ bezeichnen muß. Specialien in dieser Frage werden Sie hoffentlich nicht hören mögen. Nein! da muß ich mir doch die deutschen Verleger loben, was sich eigentlich für mich nicht paßt.
Unser gemeinschaftlicher Freund Schwencke hat eine schlimme Periode das Frühjahr zu überstehen. Er ist sehr schwach der Lebensborn fast erschöpft.
Die Korrektur der obigen Arie hatte er noch mit vielem Fleiße übernommen, wie ich überhaupt denselben besonders bei Ihrern Werken stets zu Rathe ziehe.
[NB Schwencke ist wirklich recht brav & bereitwillig im Korrekturenlesen Ihrer Werke.7
Mein Praemien Institut8 erfreut sich einer guten Aufnahme, von meiner Musikzeitung9 sende ich Ihnen ein Exempl. gratis mit einigen weiteren musikal. Kleinigkeiten für Frau Gemahlin. Zur Dirction des hiesigen Musikfestes10 ist unbegreiflicherweise Fr. Schneider gewählt worden. Ob Händels Messias oder Schneiders Weltgericht zur Aufführung kommen ist noch ungewiß. Bernh. Romberg liegt sehr schwer krank, wenn er sich ofters ein wenig bessert, so ist doch an einem Wiederaufkommen nicht zu denken.11
Schließlich erlaube ich mir doch die Anfrage wegen 24 taglichen Violinstudien & wegen des besprochenen Clavier Trios12. Ich schmeichele mir mit der süßen Hoffnung daß Sie meine freundlich dringenden Gesuche nicht unbeachtet lassen. Das betreffende Honorar kann ich nach Belieben jetzt oder später einsenden. Was Sie befehlen – so gehorche ich! –
Einlage zur gefälligen Abgabe an Frau Gemahlin. Von Ihrer Güte hoffe ich recht bald die beiden noch fehlenden Duos13.
Von Ihrem Portrait14 lasse ich jetzt eine kleine Parthie Prachtabdrucke machen. Erst jetzt ist es ganz im Stich vollendet worden. Ja gut Ding will Weile haben. Wie viel Dutzend soll ich Ihnen senden? Sprechen Sie ganz ungenirt zu

Ihrem
größten innigsten
Verehrer
Julius Schuberth



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schuberth an Spohr, 19.09.1840. Der nächste erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Schuberth, 04.03.1841.

[1] Op. 114.

[2] Die nachkomponierte Szene mit Arie „O Welt, so schön und blühend“ zu Jessonda WoO 79.

[3] Op. 115.

[4] Op. 118.

[5] Außer den beiden genannten die bereits erschienenen op. 113 und 114.

[6] Vgl. Vorbrief.

[7] Ausdruck in Klammern am Fuß der ersten Seite hinzugefügt.

[8] Schuberth veranstaltete gemeinsam mit dem von ihm selbst gegründeten Norddeutschen Musikverein ab 1841 halbjährlich ein Preisinstitut. Beim ersten Wettbewerb war dieser Preis für eine viersätzige Klaviersonate ausgelobt. Schwencke gehörte zu den Preisrichtern (vgl. „Miscellen“, in: Jahrbücher des deutschen National-Vereins für Musik und ihre Wissenschaft 3 (1841), S. 16) .

[9] Blätter für Musik und Literatur.

[10] Zum dritten norddeutschen Musikfest in Hamburg 02.-08.07.1841 vgl. „Das dritte nordteutsche Musikfest“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 43 (1841), Sp. 656f.

[11] Bernhard Romberg verstarb am 13. 08.1841 in Hamburg.

[12] Op. 119. Schuberth hatte Spohr bei dessen Besuch in Hamburg im Juli 1840 um die Komposition von Klavierwerken gebeten (vgl. Louis Spohr, Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 2, Kassel und Göttingen 1861, S. 254).

[13] Op. 115 und 118.

[14] Die Lithografie von Johann Friedrich Wilhelm Theodor Roux, die auch als Titelbild für Schuberts Ausgaben der Sonaten op. 113, 114 und 115 diente.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (13.01.2021).