Autograf: nicht ermittelt
Abschrift: Bernhard Müller, Die Fürstliche Hofkapelle in Rudolstadt 1683-1854 (Ms.), ca. 1890er Jahre, 1903 erg. durch Oscar Vater, in: Landesarchiv Thüringen - Staatsarchiv Rudolstadt, Bibliothek (D-RUl), Sign. Rf 26-10, hier S. 801ff.
Druck: Peter Gülke, Musik und Musiker in Rudolstadt, Rudolstadt 1963, S. 69f.

Cassel, den 13. Dec. 1840.

Geehrtester Herr u. Freund!

Beikommend schicke ich Ihnen Partitur u. Stimmen Ihrer Sinfonie mit dem besten Danke zurück. Sie wurde am Freitage gegeben und mit allgemeinem Beifall aufgenommen. Besonders gefiel, wie ich das im voraus wußte, das Scherzo. Es ist aber auch ein äußerst reitzendes Tonstück und die Verschlingung der drei Hauptideen eine sehr gelungene und effektvolle. Die Modulation nach d im 2ten Theile entzückte bei jeder Wiederholung das Orchester u. die Kenner. Hätte ich noch einen Wunsch bei diesem Satze so wäre es der, daß das Trio in einem anderen Ton, etwa as geschrieben wäre. Auch der erste u. letzte Satz fanden allgemeinen Beifall u. es wurde die schöne thematische Durchführung von unseren Kennern bewundert. Weniger gefiel das Andante. Es scheint mir ein wenig zu breit ausgesponnen, auch enthält es eine Härte in der Modulation, die ich herauswünschte. Sie steht pag. 36 vom 6ten bis zum 7ten Takt und kehrt pag. 42 ebenso wieder. Die Sinfonie ist musterhaft instrumentirt u. daher auch für jedes einzelne lnstrument gut ausführbar. Sie wird deshalb auch alIenthalben gut ausgeführt werden. Hier ging sie ganz fehlerfrei.
Die Figur im ersten Allegro [Nbs] die Sie für Baßposaune so vereinfacht haben [Nbs] macht sich
nicht gut. Es ist besser, den Posaunisten blos [Nbs] blasen zu lassen. Auch möchte ich raten, im Trio des Scherzo die Figur der Baßposaune [Nbs] vegzulassen und diese ihn folgenden Takt mit den anderen Posaunen eintreten zu lassen. Wir haben hier einen vortrefflichen Baßposaunisten und doch vereinigte sich diese Stelle nicht gut mit den anderen Blasinstrumenten. Das zweite
Fagott genügt hier vollkommen als Baß und bedarf keiner Verdoppelung.
Recht leid war es mir, daß Sie verhindert waren, Ihr Werk hier zu hören. Sie würden, glaube ich, Freude an der genauen Execution gehabt haben. Obgleich ich Solo spielte, (mein Concertino „Sonst und Jetzt“) und an solchen Abenden in der Regel die Direktion einem anderen übertrage, so ließ ich es mir doch nicht nehmen, lhre Sinfonie selbst zu dirigieren.1 Sie ging aber auch, wie schon erwähnt völlig untadelhaft.
Mit wahrer Hochachtung u Freundschaft ganz der Ihrige
(gez.) Louis Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Müller, Friedrich
Erwähnte Personen:
Erwähnte Kompositionen: Müller, Friedrich : Sinfonien, op. 52
Spohr, Louis : Sonst und Jetzt, Vl Orch, op. 110
Erwähnte Orte: Kassel
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Kassel>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1840121313

Spohr



Der letzte Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Müller, 03.12.1840. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Müller an Spohr, 21.01.1845.

[1] Vgl. „Kassel, im Juli 1841”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 43 (1841), Sp. 594-600 und 614ff., hier Sp. 597f.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (17.10.2017).