Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Münster d 23ten November 1840

Wohlgeborner
Hochgeehrter Herr!

Wahrhaft überzeugt und durchdrungen von Ihrer weltberühmten Güte und Menschenfreundlichkeit wage ich um Verzeihung zu bitten, wenn ein dankbarer Vater Sie belästigt durch die braven Worte der schuldigsten Dankbarkeit: welche Herablassung, einen Ihnen völlig fremden jungen Mann mit solcher Liebe zu unterweisen! Doch ein Meister, den den unsterblichen Faust schuf, kann nur der Kunst leben, nur fördernd ihr die Hand reichen. Unvergeßlich bleibt mir die freundliche Aufnahme bei meiner Anwesenheit in Cassel, wo ich aus Ihrem eigenen Munde die Beweise Ihrer Sorge für das Wohl meines Sohnes empfing. Ich fühlte mit jeder Zeile nur immer mehr mein Unvermögen, meinen Dank nur genug an den Tag zu legen. Ewig seien Sie überzeugt, daß ich das Glück meines Sohnes nur Ihrer Güte und Herablassung verdanke, doch für den Dank arbeiten Sie nicht, Sie streben für den Fortschritt der Kunst, und widmen Zeit und Kraft den Jüngern derselben. Alles thun Sie für Ihre Schüler, und so erlaube ich mir die Bitte, meinem Sohn beim Abgange ein Zeugniß über ihn auszustellen, da Sie wissen von welcher Bedeutung dieses für ihn auf immer ist. Zugleich werden Sie verzeihen, wenn ich Ihre Güte noch ferner in Anspruch nehme. Wo es Ihnen je möglich war, haben Sie Ihre Schüler befördert. Nach Ihrem früheren Zeugnisse über meinen Sohn hoffe ich, dürfte er sich wohl dessen nicht unwürdig gemacht haben. Zwar hat er in Münster eine Orgel zu spielen, welche aber nur 80 Rth. jährlich einbringt. Und überhaupt sind hier wirklich schlechte Aussichten, zumal da die wenigen einträglichen Stellen hier alle besetzt sind. Ueberzeugt von Ihrer unermüdeten Menschenfreundlichkeit wiederhole ich daher meine Bitten, und nur mit dem Gefühle der Dankbarkeit und in Erwartung der geneigten Erfüllung derselben bin und verbleibe ich

Euer Wohlgeboren
unterthänigster
F. Müller.

Autor(en): Müller, F.
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Müller, Anton (Münster)
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Faust
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1840112340

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Müller an Spohr, 27.12.1839. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Müller an Spohr, 20.06.1843.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (11.02.2022).