Xaver Keller an Louis Spohr in Kassel

Hochwohlgebohrner,
Verehrter Freund!

Erlauben Sie gütig, daß ich unser langes Correspondenz Stillschweigen wieder einmal unterbrechen darf. Der Vater des Ueberbringer dieß H. C. Brock, ein sehr geehrtes Mitglied unserer Hofbühne bath mich, diesen seinen Sohn, Namens Ernst, Ihrer Güte u Gewogenheit bestens empfehlen zu wollen. Dieser junge Künstler, Klavierspieler ist ein Schüler Kalkbrenners, bei dem er einige Jahre in Paris studirte, u sein Talent mit glücklichen Erfolge ausbildet; gegenwärtig ist er auf der Reise nach Hamburg begriffen, u sucht daher Gelegenheit in einigen Hauptstädten sein Talent geltend machen zu können. Ich ersuche Euer Hochwohlgebohren angelegenst dieß jugendliche Talent durch Ihre nöthige u so viel vermögende Protektion gefälligst zu unterstützen u zu ermuntern und weiter vielleicht sich des Glückes erfreuen dürfte, wo nicht am Kurfürstl. Hofe zu Kaßel, doch wenigstens an dasigem Hoftheater sich zu produziren?¹ Sie werden mich stets zu Gegendiensten bereit finden, u ich freue mich herzlich darauf, wenn sich eine Gelegenheit hiezu finden sollte.
Bei diesem Anlaße freue ich mich herzlich, Ihnen meine wahre freundschaftliche Theilnahme an Ihrem Wohlbefinden zu erkennen zu geben, über welches mich Ihre nach Aachen unternommene Reise² in Gewißheit setzte, welche Freude hätten Sie Ihren zahlreichen Freunden dafür verursacht, wenn es Ihnen gefallen hätte, auf der Reise auch Karlsruhe zu besuchen, u wir dann die Ehre u das Vergnügen genoßen hätten, auch Ihre Frau Gemahlin kennen zu lernen.
Indem ich mich Ihrem freundschaftlichen Andenken u Wohlgewogenheit angelegenst empfehle, beharre unwandelbar mit vollkommenster Verehrung u Freundschaft

Euer Hochwohlgebohren
gefl. Diener und Freund
Rath Keller

Carlsruhe den 24^ter September
1840.