Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Geehrtester Freund!
Schon sehr lange habe ich nichts mehr von Ihnen erfahren – ich hoffte schon seit 2-3 Jahren Sie wieder einmal zu sehen, diese Hoffnung gründete sich auf die Versicherung des H. Rath Keller, Sie würden nach Baden kommen, dies hielt mich von einem Jahr zum Ander ab meine alte Schuld an Sie zu entrichten – ich hätte wohl manchmal Gelegenheit gehabt dieselbe zu tilgen, doch mochte ich es nicht jedem theatralischen Zugvogel anvertrauen, wäre mir bekannt gewesen daß Madme Heiziinger dorthin reißte, so würde ich es derselben mitgegeben haben.
Sie erhalten nun durch Überbringer dieses, H. v. Brock statt 14 f – nur 13 f 30 x weil H. Buchhändler Groos mir damals 30 x Porto herechnete.
H. E. Brock ein junger Clavier Virtuose, Schüler von Kalkbrenner wünscht auf seiner Durchreise nach Hamburg durch Ihre güthige Verwendung in Cassel auftreten zu können am nicht allein Ehre sondern auch pecuniären Vortheil für seine ferne Reise erwerben zu können, ich bitte Sie deswegen fredunschaftl. denselben so viel als möglich zu unterstützen, um so mehr da cih seine Eltern mit unter meine besten Freunde zehlen darf.
Sie sind wohl auch begierig zu wissen wie sich meine Famillem Verhältnisse in der langen Zeit als wir uns nicht mehr sahen, gestaltet haben – mein gutes schwächliches Weib hat vor 1¼ Jahr die 8te Kindbett mit Zwillingen durchgemacht und es hat sich dadurch meine Kinderzahl auf 8 Stck erhöht, so viel Sorgen einem dieselben verursachen so wünschen wir doch jene kl. Knaben noch in unserer Mitte zu haben welchen wir zur Zeit Ihres letzten Hierseyns verloren haben1 – überhaupt habe ich seit jener Zeit grosse und schmerzliche Verluste erlitten, meine beyden guten Brüder sind unterdessen gestorben.
Wie sieht es mit Ihrer Blumisterey aus, haben Sie noch immer Freude daran? Wenn Sie noch vorzügl. Nelken besitzen so würde mich’s freuen wenn Sie mir nur wenige aber ausgezeichnete zukommen liesen2, aber nur durch Gelegenheit, das Porto ist zu theuer.
Hoffend daß diese Zeilen Sie wohl antreffen werden nebst den herzl. Wunsch daß Sie sich nebst Ihren lieben Angehörigen immer gesund befinden möchten, grüßt Sie von Herzen
Ihr
aufr.3 JFWitzenmann
Carlsruhe d. 8ten Sept. 1840.
Autor(en): | Witzenmann, Johann Friedrich |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Brock, Ernst Haitzinger-Neumann, Amalie Keller, Xaver Witzenmann (Ehefrau von Johann Heinrich Witzenmann) |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | Hamburg Kassel |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1840090840 |
Der letzte erhaltene Brief dieser Korrerspondenz ist Witzenmann an Spohr, 08.11.1835.
[1] Vgl. Vorbrief.
[2] Vgl. Witzenmann an Spohr, 15.12.1826.
[3] Abk. f. „aufrechter“ oder „aufrichtiger“.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (04.02.2022).