Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hamburg1, d. 14 August, 1840.

Hochgeehrter Herr Doctor!

Nochmals Ihnen und Ihrer lieben Frau Gemahlin meinen besten Dank für den erhebenden Kunstgenuß2. Derselbe mußte um so freudiger und erquickender auf mich wirken, als ich seit 6 Jahren (in folge meiner Krankheit,) fast alle Kunstfreuden entbehrte. (obgleich mir mit meiner Familie der Besuch des Theaters, der philarmonischen Concerte pp. frey steht.) Ihrer lieben Frau Gemahlin und werthen Schwägerin3 noch insbesondere einen herzlichen Dank für die freundlichen schriftlichen Andenken, die uns recht oft noch eine freudige Erinnerung Ihres lieben Besuchs seyn werden.
In Betreff der biographischen Notiz über den Doctor Bull habe ich hier bis jetzt (vieler Nachfragen ungeachtet) nichts Näheres erfahren können. Jedoch fand ich im Universal-Lexikon des Doctors Schilling u.a. folgendes bemerkt: „Er (der Dr. Bull) starb in Lübeck 1622.“4 Sobald ich Ausführlicheres erfahre, werde ich Ihnen darüber Bericht abstatten.
Die hierbeifolgenden Arbeiten bitten um freundliche Aufnahme. Die Copie des Adagio für Violine ist von meinem Fritz5 und von meinem Schüler (Ihrem großen Admirator) Armbrust gemacht. Sehr lieb würde es mir seyn, gelegentlich Ihr Urtheil über diese Arbeiten, so wie über die Bearbeitungen der National-Gesänge pp. zu erfahren. Zugleich erlauben Sie mir hier noch die Bitte beizufügen: mich Ihren Herrn Verlegern als Orgel- (oder Choral-) Componisten, so wie als Bearbeiter (Arrangeur pp.) zu Auszügen aller Compositions-Gattungen gefälligst empfehlen zu wollen. Am 11ten d. Ms. starb hier der Organist Walther zu St. Michaelis, nach kurzem Krankenlager. Er war mein bester College. Möchte doch nur die vacante Stelle durch einen Mann besetzt werden, der nicht allein als Künstler, sondern auch als Mensch Achtung und Liebe verdient! – Die Einnahme des Dienstes, die früher über 3000 Fl. betrug, ist jetzt – auf 1000 Fl. nebst freier Wohnung herabgesetzt!? Die Orgel ist bekanntlich eine der größten und schönsten, die überall existiren, auch kürzlich wieder reparirt und gereinigt.
Um recht viele Grüße an Ihre verehrte Familie und um baldige frohe Nachrichten bitten

Ihr ergebenster Freund
J. F. Schwenke
nebst Frau und Sohn.

Autor(en): Schwencke, Johann Friedrich
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Armbrust, Georg
Bull, John
Pfeiffer, Caroline
Schwencke, Friedrich Gottlieb
Spohr, Marianne
Walther, Christoph Heinrich
Erwähnte Kompositionen: Schwencke, Johann Friedrich : Adagio, Vl Orch, op. 36
Schwencke, Johann Friedrich : National-Gesänge
Erwähnte Orte: Hamburg
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1840081443

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schwencke an Spohr, 21.12.1835. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schwencke an Spohr, 22.12.1841.

[1] Vordruck auf dem Briefpapier.

[2] Vermutlich war Schwencke bei einer Musikpartie im Juli 1840 bei Julius Schuberth in Hamburg anwesend, „wobei Spohr einige seiner Quartetten vortrug und sich an der treffflichen Ausführung seines von Fräulein Unna gespielten Clavierquintetts erfreute“ (Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 2, Kassel und Göttingen 1861, S. 254).

[3] Caroline Pfeiffer.

[4] Vgl. Gustav Schilling, Encyclopädie der gesammelten musikalischen Wissenschaften oder Universal-Lexicon der Tonkunst, Bd. 2, Stuttgart 1835, S. 45.

[5] Schwenckes Sohn Friedrich Gottlieb.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (05.12.2018).