Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Verehrter Herr Kapellmeister!

Sie werden es wohl Ihrer eigenen Gefälligkeit zuschreiben müssen, wenn ich, im Rückblick auf Ihr gütiges Schreiben, Sie beim Wort nehme, und um ein Zeugniß über meines Bruders C. Heydenreich musikalisches Talent zu bitten wage. Um überflüßige Worte zu vermeiden, will ich mich gar nicht weiter entschuldigen. Meinem Bruder zu Liebe würde ich selbst den Anschein der Unbescheidenheit und Zudringlichkeit nicht scheuen, so schlecht dieß auch sonst den Frauen ansteht. Ich hoffe Sie werden mir vergeben und meiner Bitte freundliche Aufnahme gewähren.
Wir wollen versuchen ob dem lieben Verwandten nicht eine kleine juristische Anstellung in dem benachbarten1 Donaueschingen zu erwirken ist. Zur Empfehlung bei dem Fürsten v. Fürstenberg ist außer den Zeugnißen für seine amtliche Tüchtigkeit, auch noch ein Zeugniß für seine musikalische Befähigung nothwendig, weil dieß dem Gesuch erst den rechten Grund und Anhaltspunkt giebt. Vertrauensvoll hoffen wir, was Sie in dieser Hinsicht zu seinen Gunsten sagen werden. Ein paar Worte genügen, da Ihre Stimme entscheidend ist. Noch möchte ich Jemand bei Ihnen verklagen. Darf ich? Das Sekretariat des Vereins Herrn Hofraths Schilling welcher meinem Freunde sein seit 9 Monaten zur Beurtheilung gesandtes Requiem, trotz der dringendsten Bitten vorenthält und auch keine Auskunft über das Schicksal desselben giebt. Es ist meinem Freunde von großer Wichtigkeit das Manuscript jetzt in Händen zu haben. Sie werden Angst haben daß noch etwas nachkommt, aber ich habe nichts mehr auf dem Herzen als das Versprechen, daß ich Sie in Zukunft gewiß nicht mit ferneren Bitten belästigen will, und in meiner Dankbarkeit und Verehrung, die aber viel zu groß ist, als daß ich sie mit Worten ausdrücken könnte. Deshalb erlauben Sie daß ich mich mit der Versicherung vollkommenster Hochachtung unterzeichne

Henriette v. Feuerbach
geb. Heydenreich

Freiburg
d. 19. Juni
1840.

Autor(en): Feuerbach, Henriette
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Fürstenberg, Carl Egon zu
Heydenreich, Christian
Schilling, Gustav
Erwähnte Kompositionen: Heydenreich, Christian : Requiem
Erwähnte Orte: Donaueschingen
Erwähnte Institutionen: Deutscher Nationalverein für Musik und ihre Wisenschaft <Stuttgart>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1840061946

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen.Brief von Spohr an Feuerbach.

[1] Bezieht sich offensichtlich auf Feuerbachs Wohnort Freiburg und nicht den ihres Bruders, Pfarrkirchen.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (08.07.2022).