Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hamburg 4/6 40

Hochzuverehrender Herr!

Nachdem ich von Leipzig zurückgekehrt bin, ist es mein Erstes an Sie nachstehendes Schreiben zu richten:
Zwei Wohnzimmer & ein Schlafzimmer habe ich zu Ihrer Empfangnahme eingerichtet und zugleich für 3 Betten gesorgt, nehmlich: für 2 Betten im Schlafzimmer & für ein Bett (welches [durch] das Magaz. wieder abgenommen wird) in dem einen Wohnzimmer. Sie sehen also Sie geniren uns mit den lieben Ihrigen durchaus nicht, im Gegentheil es wird uns sehr lieb & ehrenvoll seyn, wenn Sie mit dem, was wir bieten können, freundlich vorlieb nehmen wollen. Die Gasthöfe (unter welchen die Stadt London einer der vorzüglichsten ist) sind jetzt hier überfüllt, daher auch meist etwas unbequem. Es wird uns nun sehr angenehm seyn recht bald von Ihnen den Tag zu erfahren an welchem Sie denken zuverläßig bei uns einzutreffen. Ich wiederhole Ihnen, Sie sind uns auf das Herzlichste willkommen. –
Wegen einer Quartett Unterhaltung, die füglich in unserem kleinen Salon stattfinden kann, habe ich schon die nöthigen Vorkehrungen getroffen1, eben so mit d. Stadttheater Direction gesprochen, die sich anschickt Faust o. Jessonda auf das Brillanteste unter Ihrer Leitung zur Aufführung zu bringen.2
Ueber unser Verlagsgeschäft, muß ich in der Opus Zahl eine Nummer weiter rücken, ich habe nehmlich in Leipzig erfahren, dass Paul bereits Opus 112 gedruckt hat – also 113 bis 116 wären die mir zugefallenen Opuszahlen.3
Bei Ihrer Ankunft ist Correktur der ersten Sonate fertig.

Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr größter Verehrer
Julius Schuberth



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schubert an Spohr, 11.04.1840. Spohrs Antwortbrief ist derzeit verschollen.

[1] Zu dieser Musikpartie vgl. Marianne Spohr, Tagebucheintrag 18.07.1840; Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 2, Kassel und Göttingen 1861, S. 254.

[2] Zur Aufführung der Jessonda vgl. Marianne Spohr, Tagebucheintrag 19.07.1840; P.N., „Stadt-Theater“, in: Privilegirte wöchl. gemeinnützige Nachrichten von und für Hamburg 22.07.1840, S. 4; „Vermischtes“, in: Neue Zeitschrift für Musik 13 (1840), S. 36.

[3] Tatsächlich wurden es op. 113 bis 115 sowie 118.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (16.12.2020).