Autograf: Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Herrn Kapellmeister Louis Spohr
Wohlgeboren.
Cassel.
frei1
Geehrtester Herr und Freund!
Nach genauer Berathung über den Inhalt Ihres letzten Schreibens vom 3 ds. sind nun folgende Stücke zum Programme festgestellt.
1t Tag Ouverture(?)2 worüber unten weiteres
Judas Maccabaeus.
2 Tag Ouv. z. Medea.
Ihr Vater Unser.
Sinfonie in A dur von Beethoven.
Davide Penitente v Mozart
Um möglichst dem Uebelstande abzuhelfen am ersten Tage eine Ouverture oder ein sonstiges Werk geben zu müßen haben wir die in der mitgetheilten Nota als gestrichen angeführte Solo Stücke nochmals genau durchgesehen und können Ihnen den Vorschlag machen folgende drei Solo Nummern
1t Theil Aria No 9 „Komm süße Freiheit“ Sopran A dur
2t Theil " No 9 „Durch Wunderthaten“ Bass A moll
3t Theil " No 1 „Jehova Ruf“ Alto
wieder aufzunehmen die Dauer der Musik immer noch nur 2½ St. betragen soll. Das Hinzufügen eines zweiten Gesangwerks Haendels ist wegen des Einstudirens des Chors nicht thunlich, bleibt also nur kein Mittel übrig, wie den Abend gehörig einzutheilen als eine kleine Sinfonie zu geben. Z. B. eine von Haydn (C dur) oder die B dur von Mozart. Wären Sie damit einverstanden daß der Chor „Sehr er kommt“ da wo er als Corale 2stimmig eintritt, nur von 12-16 hinten gesungen werde? in Wien habe ich dieses als einen schönen Effekt gehört, auch haben wir hiezur eine gute Besetzung, aus den Konvikten und den Schulbuben. Ich ersuche Sie nur uns gefg3 zu sagen was Sie wegen der obenerwähnten 3 Solo Nummern, und wegen der Wahl eines Orchester Stücks wünschen. Ihre Ansichten über die Cantate von Mozart und den Umstand daß sie alle nicht gehörig instrumentiert sind, hat uns bewogen auf den früher in Vorschlag gebrachten Werke Mozarts „Davide zurückzukommen. Dieses ist bei den Festen am längsten nicht wiederholt und wird durch vorzügliche Besetzung der Soli sehr schönen Effect machen.
Ich darf Ihnen nicht verhehlen daß die an Sie gerichtete Anfrage4 des H. Girschner dem Comite ganz unbekannt war, und mit dessen Ansichten gar nicht übereinstimmt; Vielmehr Sie recht dringend ersucht werden einer solchen Anfrage keine Folge leisten zu wollen. Wir glauben dem Kunstfreunde und uns gegenüber, durch eine solche Trennung einen großen Mißgriff zu begehen. H. G. hat uns nichts von seiner Anfrage gesagt und erfährt auch durch uns5 nichts Weiteres darüber. Sie würden uns verbinden wenn Sie seine Anfrage entweder6 an uns zurückweisen wollten, werden Sie sich gegen getheilte Direction aussprechen, oder wenn Sie solche ganz7 ablehnen wollten.
Von Ihrem „Vater Unser“ fehlt uns noch immer die Partitur. – Sie haben wohl die Gefälligkeit uns umgehend die Ihrige mit den Orchester Stimmen zuzusenden, von den Letzten senden Sie gefg das genau corrigierte Quartett an H. Eck al Musikhandlung in Cöln, die diese Stimmen lithographieren werden und desfals unsere Anweisung haben. Einstweilen wird mit meinem Clav Auszug eingeübt.
Die Besetzung der Soli steht noch nicht ganz fest indem [uns von] Mantius und von Staudigl noch keine bestimmte Zusage eingegangen sind.
Wir werden wohl näher einen tüchtigen Oboisten finden, aus Brüssel nämlich woher Schmidt (Posaune) und Bender bereits zugesagt haben. Ich bitte um Ihre baldige Antwort und grüße Sie herzlich
Ihr erg.
I. van Houtem
Aachen 22 Apr 1840
u. g. rechtschnell.
Autor(en): | van Houtem, Ignaz |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Bender, Valentin Girschner, Carl Schmidt, Martin (Posaunist) |
Erwähnte Kompositionen: | Beethoven, Ludwig van : Sinfonien, op. 60 Cherubini, Luigi : Medea Händel, Georg Friedrich : Judas Maccabaeus Mozart, Wolfgang Amadeus : Davide penitente Spohr, Louis : Vater Unser, WoO 67 |
Erwähnte Orte: | Aachen Brüssel |
Erwähnte Institutionen: | Eck & Co <Köln> Niederrheinische Musikfeste <verschiedene Orte> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1840042247 |
Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an van Houtem, 03.04.1840. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist van Houtem an Spohr, 28.04.1840.
[1] Auf dem Adressfeld befindet sich links oben der Poststempel „AACHEN / 21 / 4 / 10-3N.“, auf der Rückseite des zusammengefalteten Briefumschlags befindet sich der Stempel „27[A]PR1840“.
[2] „(?)“ in der Vorlage!
[3] Wohl Abk. f. „gefällig“.
[4] Vgl. Carl Girschners Wunsch, im Konzert am zweiten Tag eines der Werke zu dirigieren (Girschner an Spohr, 19.03.1840).
[5] „uns“ über der Zeile eingefügt.
[6] „entweder“ über der Zeile eingefügt.
[7] „ganz“ über der Zeile eingefügt.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (18.07.2024).