Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Herrn
Kapellmeister L. Spohr
Wohlgeboren
Cassel

frei.1


Aachen den 23 Feb. 1840.

Geehrtester Herr und Freund!

Ihren sehr erfreulichen Brief vom 19 ds habe ich einige Tage unbeantwortet gelassen in der Erwartung Ihnen zugleich den Empfang einer schriftlichen Zusage Seitens des Churprinzen2 auch melden zu können, dieselbe ist, jedoch, bis heute noch nicht eingegangen und will ich daher nicht lange säumen den einen Theil Ihres Briefes zu beantworten.
Wir sind Ihnen für den Vorschlag, Ihr „Vater Unser“ zu dem Feste aufführen zu wollen, sehr dankbar, ich habe bereits Nachricht daß die Gesangstimmen zu diesem Werke auch bei Schlesinger gestochen sind. Die Einübungen werden also zeitig beginnen und es soll wahrlich an Eifer und Sorgfalt nicht fehlen. Um von der Correktheit dieser Stimmen ganz sicher zu sein, lasse ich von Schlesinger ein Exemplar an Sie richten und wollen Sie die Güte haben dasselbe genau zu collationieren und mir schleunig hieher zu senden.
Ihre Bemerkung wegen Besetzung der Blasinstrumente werden wir aufs strengste beachten.
Es ist die Meinung angeregt worden daß das Händelsche Werk Judas Maccabaeus“3 den ersten Abend wohl nicht ganz ausfüllen möchte, es soll dann nicht über 2½ Std. dauern4. Sind Sie wohl der Ansicht daß alsdann vorab eine Ouverture und welche gegeben werde?
Zum zweiten Tage wünschen wir nun Ihren Rath und Beifall für die zu wählenden Stücke.
Von den Beethovenschen Sinfonien ist No 4 in b-dur der längeren Zeit bei den Festen nicht gegeben worden, wir würden diese daher gerne wählen.
Als darauf folgende Gesangstücke sind folgende in Vorschlag:
Davide penitente v Mozart
Hymne Preis der Gottheit in C dur v Mozart
oder das Magnificat v Durante wenn dieses Werk nicht etwa wegen zu schwacher Instrumentierung zu wünschen ließe.
Die Zweite Abtheilung deren Schluß Ihr Vater Unser sein wird, müßte mit einer Ouverture beginnen wozu Cherubinis Ouv. zur Medea und Spontinis Ouv. zur Olympia in Anregung gebracht worden sind. Haben Sie die Güte von nun an unser Fest als ein Sie mit betreffendes zu betrachten und uns in dem Sinnen Ihren Rath ohne Rücksichten auszusprechen.
Wegen der SoloSänger habe ich von Carl Müller zwar noch keine bestimmte aber doch auf Zusage deutende Antwort. Leider ist Krause nicht mehr in Br., statt seiner empfiehlt M. H. Fischer-Achten. ist Ihnen derselbe wohl als genügend bekannt?
Sie werden sich mit uns freuen zu erfahren daß das Müllersche Quartett complet hier mitwirken wird und zwar als die Führer der vier Streichinstrumental Parthien.
Sie bringen wohl auch Ihre Stradivari mit?
Um baldige Auskunft bittend empfiehlt sich Ihnen

freundschaftlichst
Ig van Houtem
 



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an van Houtem, 19.02.1840. Spohrs Antwortbrief vom 03.04.1840 ist derzeit ebenfalls verschollen.

[1] Auf dem Adressfeld befindet sich rechts oben der Poststempel „AACHEN 2-3 / 27 / 2“, auf der Rückseite des zusammengefalteten Briefumschlags befindet sich der Stempel „1 MERZ [184]0“.

[2] Der spätere Kurfürst Friedrich Wilhelm.

[3] In der Vorlage ebenfalls nur Ausführungs- aber kein Anführungszeichen.

[4] „dauern“ über gestrichenem „ausfüllen“ eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (18.07.2024).