Autograf: Bodleian Library Oxford (GB-Ob), Sign. MS Margaret Deneke Mendelssohn c. 42, f. 24
Abschrift: Abschrift: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. MA Nachl. 7,64/1,11
Druck 1: John Michael Cooper und R. Larry Todd, „'With True Esteem and Friendship'. The Correspondence of Felix Mendelssohn Bartholdy and Louis Spohr“, in: Journal of Musicological Research 29 (2010), S. 171-259, hier S. 238; englische Übersetzung S. 197f.
Druck 2: Felix Mendelssohn Bartholdy, Sämtliche Briefe, Bd. 6, hrsg. v. Kadja Grönke und Alexander Staub, Kassel u.a. 2012, S. 454f.
[Beleg: Autographen-Sammlung enthaltend Musiker-Briefe und Musik-Manuskripte aus dem Nachlasse des berühmten Komponisten Louis Spohr (1784-1859) nebst Beiträgen allerArt (Fürsten,Staatsmänner, Dichter, Gelehrte, Künstler, etc.) aus dem Besitz eines bekannten Berliner Sammlers. Versteigerung zu Berlin Montag, den 15. und Dienstag, den 16. Oktober 1894 (= Katalog Liepmannssohn), Berlin 1894, S. 57]

Hochgeehrter Herr Kapellmeister

Bis jetzt habe ich immer gehofft meinen Plan Sie zu besuchen ausführen zu können, und muß nun doch abschreiben und Ihnen sagen, daß es mir unmöglich ist. Sie schreiben, Sie wollten sich dann ganz von mir abwenden, aber ich hoffe Sie meinen es nur im Scherz und wissen, daß ich ohne die entschiedensten Hindernisse meinen Plan und Wunsch nicht aufgegeben hätte. Ich dachte immer noch es könnte sich so fügen, daß ich Sie plötzlich überfiele, aber da der Grund meiner Verzögerung u. jetzigen Rückkehr nach Leipzig die Gesundheit meiner Frau ist, so kann ichs nicht ändern und auch Sie werden mir Recht geben, wenn die Rücksicht darauf mir über alles geht u. mich auf die angenehmsten u. liebsten Vorhaben verzichten läßt. Morgen trete ich die Reise nach Leipzig an u. denke in 4-5 Tagen dort zu sein; möchte Sie doch Ihr Weg einmal während meiner Anwesenheit dorthin führen, und ich die Gelegenheit wiederfinde, die ich diesen Sommer verliere, mit Ihnen zu sein, Musik zu machen, und über so vieles zu sprechen. Noch eine Bitte hab ich heut an Sie: man schreibt mir von Leipzig, daß Sie eine Symphonie „Sonst u. jetzt“1 beendigt hätten, welche die Direction der Abonnement-Concerte, wie natürlich, vor allem aufzuführen wünschen würde, und trägt mir auf Sie deshalb in ihrem Namen aufs dringendste zu bitten. Welch ein Gefallen uns allen und mir vor allem dadurch geschähe, brauch ich Ihnen nicht zu sagen, u. daß wir das Werk mit inniger Freude u. der größtmöglichen Sorgfalt zur Aufführung bringen würden versteht sich auch von selbst. Nur hab ich Ihnen unsre Entschuldigung wegen der versäumten Rücksendung der cmoll Symphonie2, von der ich gleichzeitig erfahren, zu machen; die tödtliche Krankheit des Herrn W. Härtel3, der alle diese Geschäfte besorgte, war Schuld an dieser Unordnung die sich gewiß nicht wiederholen soll. Wenn Sie unsre Bitte erfüllen sind Sie des aufrichtigen herzlichen Danks aller Musikfreunde gewiß u. würden mir zugleich die größte Freude bereiten; ich bitte Sie mir eine Zeile Antwort zu geben, damit ich, wenn Sie es zusagen, die Nachricht davon gleich verbreiten u. die Symphonie aufs Programm unsrer AnfangsConcerte
bringen kann. Leben Sie wohl für heut und bleiben Sie mir freundlich gesinnt, wie ich stets mit der vollkommensten Hochachtung

Ihr ergebenster
Felix Mendelssohn Bartholdy.

Frankfurt a/m d. 16 Aug 1839

Autor(en): Mendelssohn Bartholdy, Felix
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Härtel, Wilhelm
Mendelssohn Bartholdy, Cécile
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Historische Sinfonie, op. 116
Spohr, Louis : Sinfonien, op. 102
Erwähnte Orte: Leipzig
Erwähnte Institutionen: Gewandhaus <Leipzig>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1839081641

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Mendelssohn, 21.06.1839. Spohrs Antwortbrief ist derzeit verschollen.

[1] Aus Spohr an Mendelssohn, 01.11.1839 folgt, dass es sich nicht um das Violinkonzert „Sonst und Jetzt“, sondern um die Historische Sinfonie handelt.

[2] Op. 102.

[3] Trotz dieser tödlichen Krankheit verstarb Wilhelm Härtel erst am 10.07.1849 (allerdings nach „langem schweren Leiden“, vgl. Carl B[ehrend] Lorck, Geschichte des Vereins der Buchhändler zu Leipzig während der ersten 50 Jahre seines Bestehens 1833-1882, Leipzig 1883, S. 169) und versandte unter anderem noch am 11.01.1841 Spohrs Historische Sinfonie aus Leipzig nach Wien.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (26.06.2020).