Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

88. Norton Street Portland Place
London, den 15ten Juni 1839

Geehrtester Herr Kapellmeister!

Seitdem ich die Ehre hatte Sie zuletzt in Caßel zu sehen, habe ich öfters gewünscht Ihnen von1 mir Nachricht zu geben, nur hat es mir immer an Zeit oder Gelegenheit gefehlt. Ich freue mich unendlich von Hr. Ed. Taylor zu hören daß Sie die Absicht haben unser Land noch ein mal zu besuchen2, und hoffe daß Sie mir erlauben, Ihnen3 so viel wie möglich, (und wie in meinen geringen Kräften steht) behülflich zu sehn, welches mir ein sehr hohes Vergnügen sorgen wird;4 wenn ich in wegen etwas nützlich seyn kann so hate ich es für eine besondere Auszeichnung daß Sie mich in all solches befehlen. – Ich werde mich über Alles mit Hr Taylor besprochen, der mir gewiß den Tag und die Stunde Ihres Ankommen sagen wird, und ich werde Ihnen von ganzem Herzen ein Wilkommen beim Schiffe5 heißen. – Nur befürchte ich daß Sie sich6 entschloßen haben nicht länger7 in London zu verweilen, und nur nach Norwich der8 Zweck Ihrer Hieherreise seyn wird. – Ich habe durch Herrn Taylor ein Engagement dahin, und bin höchst gespannt wieder unter Ihrer Leitung Spielen zu können. – Ich habe Ihnen, geehrtester Herr Spohr, traurige Nachricht von der Madam Filipowicz mitzutheilen, nämlich, die arme Frau hat einen Schlag bekommen, der ihre linke Seite fast gänzlich paralysirt hat. – Wir befürchten daß Sie nie wieder spielen können. – In der letzten Zeit hat Sie einen Brief von Ihnen, einliegend in einem von Hr. Schnyder v. Wartensee sammt Musikalien, p.p. bekommen9, worüber sie sich auserordentlich gefreut hat. – Ich habe mit anderen ein Conzert für Ihr Benefice angestrengt, welches am 29 dieses Monaths statt findet, worin ich daß Stück welches Sie Ihnen dedicirt10, spielen werde.11 Wir hoffen dadurch Ihr eine bedeutende Summe zu sammen zu bringen. Die Zeit fehlte mir, selbst jetzt, um Ihnen alles mitzutheilen was ich gern schreiben möchte, aber ich hoffe Sie sehr bald wieder persönlich zu sehen und sprechen, wo, ich wenn Sie so gütig sind sich darum zu bekümmern(???), meinen Progess und hiesige Aussichten beschreiben werde. Wir haben diese Tage Hr. Mori verlohren. Er starb plötzlich vorigen Donnerstag nachts um 1 Uhr.12
Obgleich ich es mit ganzem Herzen bedauere, weil ich ihn wirklich einen ganz vortrefflichen Künstler und zuletzt auch sehr aufrichtigen Freund fand, doch ist es allerdings einen großen Gewinn für mich, (um die Folge insbesondere) Ich befürchtete mich ich muß Dieses schließen, was ich so gern ausdehnte, und nehme mir die Freiheit Ihnen hiemit, den Ueberbringer dieses, Herrn Horsley, der einige Zeit in Caßel unter der trefflichen Leitung13 Hr. Hauptmanns zu arbeiten denkt, vorzustellen; – Ich kann ihn Ihnen, Herr Kapellmeister recht herzlich empfehlen, denn nebst einen nicht verachbaren14 Talente hat er auch15 viel Liebe als Mensch. Er wird Ihnen gewiß für einen jeden guten Rath recht dankbar seyn. – Schließlich empfehle ich mich Ihrer Frau Gemahlin in höflicher Erinnerung derselben und auch Grüße an alle Freunde senden16, und mit den Sehnlichsten Wünsche Sie bald17 hier zu sehen verbleibe ich
hochachtungsvoll
Ihr ganz getreuer
Schüler
Henry Blagrove

Hr Kapellmeister L. Spohr in Caßel

Autor(en): Blagrove, Henry
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Filipowicz, Elisabeth
Hauptmann, Moritz
Horsley, Charles Edward
Mori, Nicola
Schnyder von Wartensee, Franz Xaver
Taylor, Edward
Erwähnte Kompositionen: Filipowicz, Elisabeth : Fantasia on Polish airs
Erwähnte Orte: Kassel
London
Norwich
Erwähnte Institutionen: Norfolk and Norwich Triennial Festival
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1839061540

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Blagrove an Spohr, 22.08.1837. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Blagrove an Spohr, 06.09.1839.

[1] Hier gestrichen: „meiner“.

[2] Vgl. den derzeit verschollenen Brief Spohr an Edward Taylor, 13.04.1839.

[3] „Ihnen“ über gestrichenem „was in“ eingefügt.

[4] Hier gestrichen: „und,“.

[5] Hier ein Wort gestrichen („Ankommen“?).

[6] Hier gestrichen: „nicht“.

[7] „nicht länger“ über der Zeile eingefügt.

[8] „der“ über gestrichenem „Ihrem“ eingefügt.

[9] Spohrs Brief vom 26.01.1839 ist derzeit verschollen.

[10] Fantasia on Polish Airs (vgl. Elisabeth Filipowicz an Spohr, 24.09.1838).


[11] Vgl. „The Concert for the benefit of Madame Filipowicz on Saturday drew a fashionable audience, but less numerous than the occasion merited. We should hope that it was more productive than it appeared to be, and that the patrons of this deserving woman have not contented themselves with simply paying for their tickets. The Concert was on a small scale, but very good of the kind.“ („Hanover-square Rooms“, in: Musical World 12 (1839), S. 154).

[12] Vgl. Duffin, „Particulars relative to the Illness and Death of the late Mr. Mori“, in: Musical World 12 (1839), S. 129-132.

[13] „Leitung“ über der Zeile eingefügt.

[14] Sic!

[15] Hier zwei oder drei Buchstaben gestrichen.

[16] „auch Grüße an alle Freunde senden“ über der Zeile eingefügt.

[17] „bald“ über der Zeile eingefügt.


Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (01.03.2022).