Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Kleinwächter,L.:21

Prag den 7t Mai
1839.

Hochverehrter Herr!

Eine Bitte an Sie veranlaszt mich, Sie wieder mit einem Schreiben zu beschicken. Ich bin von einem meiner besten Freunde1 angegangen worden, ihn – wieder für einen Andern2 – einige Ihrer eigenständigen Schriftzüge zu verschaffen. Dieser eigentliche Bittsteller sammelt namentlich Autographen von musikalischen Notabilitäten – zu seinem Vernügen – und wünscht vor Allem in den Besitz eines Autographens von Ihnen zu kommen. Sie werden mich – da mir sehr daran liegt, meinem Freunde die Erfüllung seines Wusnches zu verschaffen – ungemein verbinden, wenn Sie meine Bitte gewähren wollten. Ein Paar Takte – allenfalls ein Anfang eines Ihrer Werke – nebst ein Paar Worten – allenfalls Datum und Unterschrift – auf ein kleines Blatt Pagine geschrieben, das Sie mir im nächsten Briefe einschloszen senden wollten, würde in jedem Falle genügen. Ich bitte nur wiederholt, mich nicht zudringlich zu meinen, da ich Sie so oft plage.
Kittl hat Ihren lieben Brief3 mit sehr vieler Freude – nebst der Sinfonie – erhalten.
Wir waren innig froh, wegen den Ihnen durch den Ruf nach England zu Theil gewordenen neuesten Anerkennung, und hoffen, dz4 Ihr Prinz Regent5 kein Hindernisz der Ausführung des Projectes entgegensetzten werde.
Wie mir scheint, ist Freund Kittl nahe daran, ganz zur Kunst überzutreten6; aber wohl thut, ist schwer zu sagen. Vielleicht fixirt er sich in Wien um durch Pianoforte-Unterricht und Composition zu leben. Schreiben Sie mir doch gelegentlich, was Sie zu diesem Projecte sagen?
Die 4 Müller sind ohnlängst fort, sie haben hier sehr gefallen, und gute Geschäfte gemacht.7 Sie spielten unter andern auch das letzte Quartett – nach Manuscript – von unserm Veit, ein sehr hübsches Werk welches sehr ansprach.8 Höchst albern finde ich es von ihnen, dz sie – auszer dem DmolQuartette9 – keines von Ihren Quartetten zu spielen scheinen. Es gibt doch wunderliche Käuze auf Erden!
An meinem 2ten Quartette habe ich nur noch einige Takte zu schreiben; nächstens hoffe ich es zu hören, und theile Ihnen dann alsbald die Partitur davon zur Beurtheilung mit. Es ist – so viel ich aus der Partitur davon halte – bedeutend leichter zu spielen, wie das erste. Ich bin sehr begierig auf Ihr Urtheil!
Wie leben Sie sehr wohl, ich bin ungemein gedrängt mit der Zeit.
Unter den herzlichsten Grüszen von uns Allen

Ihr treu ergebener
Louis Kleinwächter



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Kleinwächter an Spohr, 22.04.1839. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Kleinwächter an Spohr, 12.07.1839, aus dem sich noch ein derzeit verschollener Brief von Spohr an Kleinwächter erschließen lässt.

[1] Noch nicht ermittelt.

[2] Noch nicht ermittelt.

[3] Spohr an Kittl, vermutlich 28.02.1839.

[4] „dz“ = Abk. f. „dasz“. - Danach gestrichen: „Ihrer“(?).

[5] Der spätere Kurfürst Friedrich Wilhelm.

[6] „zu“ über der Zeile eingefügt.

[7] Vgl. Kleinwächters Vorbrief.

[8] Vgl. „Die letzten zwei Quartettproduktionen der Gebrüder Müller“, in: ebd. 28.04.1839, nicht paginiert.

[9] Vgl. „Die Quartette der Gebrüder Müller“, in: ebd. 19.04.1839, nicht paginiert.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (30.04.2019).