Autograf: Hessisches Staatsarchiv Marburg (D-MGs), Best. 300 Nr. B 24/19 [Bestellung des Hofkapellmeisters Spohr (1821-1859)], Bl. 36f.
Druck: Horst Heussner, Die Symphonien Ludwig Spohrs, Phil. Diss. Marburg 1956, Anhang, S. 37f

Durchlauchtigster Kurprinz und Mitregent,
Gnädigster Kurprinz, Mitregent und Herr!1
 
Der Kapellmeister Spohr bittet untertänigst um einen dreiwöchentlichen Urlaub im Monat September zu einer Reise nach Norwich.1a

Vor acht Tagen ist dem untertänigst Unterzeichneten eine Einladung zugekommen, das große Englische Musikfest in Norwich, welches unter dem Protektorat der Königin Victoria alle drei Jahre Mitte September dort stattfindet, zu dirigiren. Dieses Fest, zu welchem 400 der ersten englischen Künstler und die berühmtesten Sänger der italienischen Oper in London engagiert werden, besteht aus drei geistlichen und drei weltlichen Konzerten und dauert 4 Tage. Unter den Oratorien, welche in der Kirche gegeben werden, ist auch das meinige „des Heilands letzte Stunden“ sowie unter den Musikwerken der Abendkonzerte mehrere meiner Instrumentalkompositionen2 enthalten sind.
Da die Berufung eines deutschen Künstlers zu einem englischen Musikfest für diesen eine große Auszeichnung ist, die meinen europäischen Ruf begründet, so wünschte ich wohl ihr folgen zu dürfen, wenn Eure Hoheit die Gnade haben wollten, mir den dazu nötigen Urlaub von etwa drei Wochen allergnädigst zu bewilligen. Ich würde es nicht wagen, Ew. Hoheit darum unterthänigst anzusprechen, wenn nicht bis zum 7ten September, wo meine Abreise stattfinden müßte, bereits die Messe mit ihren täglichen Vorstellungen vorbei und ein Zeitpunkt eingetreten wäre, wo durch meine Abwesenheit keine fühlbare Störung in den Theatergeschäften verursacht werden würde. Dies vorausgeschickt, wage ich daher die alleruntertänigste Bitte, das
„Ew. Hoheit die hohe Gnade haben wollen, mir zu der Reise nach Norwich meinen 3 wöchentlichen Urlaub vom 7ten September an, allergnädigst zu bewilligen.“
Eine allergnädigsten Resolution entgegensehend, beharrt in tiefster Ehrfurcht
 
Ew. Hoheit
unterthänigst-treugehorsamst
und pflichtschuldigster
Louis Spohr.
 
Cassel, den 29sten April 1839.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Friedrich Wilhelm Hessen-Kassel, Kurfürst
Erwähnte Personen: Victoria, Großbritannien, Königin
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Des Heilands letzte Stunden
Spohr, Louis : Konzerte, Vl 1 2 Orch, op. 48
Spohr, Louis : Sonst und Jetzt, Vl Orch, op. 110
Erwähnte Orte: Norwich
Erwähnte Institutionen: Norfolk and Norwich Triennial Festival
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1839042913

Spohr



Friedrich Wilhelm beantwortete dieses Urlaubsgesuch am 04.05.1839.
 
[1] Anredeformel im Original vorgedruckt.
 
[1a] [Ergänzung 08.07.2022:] Neben der Zusammenfassung befindet sich von der Hand Friedrich Wilhelms der Vermerk:
„Wir haben dem Kapellmeister Spohr den untert. nachgesuchten Urlaub zu einer Reise nach Norwich vom 7ten September d.J. an gnädigst bewilligt. Cassel den 4ten May 1839.
exped.“
 
[2] Spohrs Violinkonzert Sonst und Jetzt op. 110 und seine Concertante für 2 Violinen und Orchester op. 48 (vgl. Spohr an Adolph Hesse, 16.10.1839).
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (14.12.2018).