Autograf: Bodleian Library Oxford (GB-Ob), Sign. GB 9: 143
Druck: John Michael Cooper und R. Larry Todd, „’With True Esteem and Friendship’. The Correspondence of Felix Mendelssohn Bartholdy and Louis Spohr“, in: Journal of Musicological Research 29 (2010), S. 171-259, hier S. 236f.; englische Übersetzung S. 195f.
Online-Edition: Felix Mendelssohn Bartholdy Correspondence Online-Ausgabe (FMB-C). Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft. Humboldt-Universität zu Berlin, gb-1839-04-29-03

Sr. Wohlgeb.
dem Herrn Musikdirector
Felix Mendelssohn Bartholdy
in
Frankfurt a/m

franco.
Poste restante1


Cassel den 29sten
April 1839

Geehrtester Herr und Freund,


Die Zusage Ihres Besuchs für diesen Sommer hat mich unendlich erfreuet! Ende Juli werde ich gewiß hier seyn, da mit dem 1sten August unsere Theatervorstellungen nach den Ferien wieder beginnen. Vieleicht kann ich aber auch schon Mitte Juli wieder hier seyn. Ich werde nämlich in diesen Tagen um einen Urlaub für den September zu einer Reise nach Norwich anhalten; sollte ich diesen zugestanden erhalten (was freilich noch sehr zweifelhaft ist), so bleibe ich den größesten Theil der Ferienzeit in Cassel und bin von einem Besuch bey meinen alten Eltern2 Mitte Juli längst zurück. Wird mir der Urlaub außer der Ferienzeit aber abgeschlagen, dann mache ich in dieser eine größere Reise, entweder nach Paris oder in die Schweitz, weil meine Frau3 noch beydes nicht kennt. – Zu der Reise nach Norwich (über London) veranlaßt mich eine Einladung von Freund Taylor, bey dem dortigen Musikfeste mein Oratorium „des Heilands letzte Stunden“ zu dirigiren. Er verspricht große Mittel, einen Verein der ausgezeichnetsten englischen Künstler und der ersten Italiänischen Sänger, 400 an der Zahl.4 Sie werden mir am besten sagen können, was bey solchen Engli[schen] Musikfesten geleistet wird.
Ich freue mich darauf, Ihre ne[ue] Komposition kennen zu lernen und einiges Neue von mir mit Ihnen zu spielen. Auch Ihre Quartetten und Quintetten, die wir in neuerer Zeit oft gemacht haben, wollen wir Ihnen dann vorspielen, auch ein neues Quintett von mir, was jezt in Dresden gestochen ist. – Auch ein neues Concertino, was ich „Sonst und jetzt“ genannt habe kann ich Ihnen dann einmal vorspielen wenigstens mit Clavierbegleitung.
Hauptmann, wie alle Ihre hiesigen Verehrer lassen Sie herzlich grüßen! Schreiben Sie mir ja vor Beginn unsrer Ferienzeit (vor Mitte Juni), wann Sie hieher zu kommen gedenken.
Mit herzlicher Freundschaft stets ganz

der Ihrige
Louis Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Mendelssohn an Spohr, 22.04.1839. Der nächste erhalte Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Mendelssohn, 14.05.1839.

[1] Rechts oben auf dem Adressfeld befindet sich der Poststempel „CASSEL / 30 / 4 / 1839“, rechts unter dem Adressfeld der Stempel „D 4 / 1/5“.

[2] Ernestine und Carl Heinrich Spohr.

[3] Marianne Spohr.

[4] Vgl. Edward Taylor an Spohr, 02.04.1839.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (26.06.2020).