Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Taylor, E.:5

A Monsieur
Monsieur Louis Spohr
Hesse-Cassel –
Germany –


3 Regent Square, London
April 2. 1839 –

Höchstverehrter Freund und Gönner,

Ich habe die Ehre, Ihnen anzuzeigen, daß ich zum Director des Musikfestes ernannt worden bin, welches im nächsten September – am 16t, 17t, 18t und 19t – in der Stadt Norwich Statt finden wird. Es sind drei Morgen Concerte für geistliche (sacred) Musik, und drei Abend Concerte, bestehend aus verschiedenartigen, gemischten Compositionen angesetzt worden. Dieses Fest, welches alle drei Jahre einmal Statt findet, wird von den ersten Edelleuten der Grafschaft begüngstigt und unterstützt (patronized), und ich bin so glücklich, Ihr Oratorium „dies Heilands letzte Stunden” als ein's derjenigen Stücke zu nennen, welche aufgeführt werden. Das Orchester besteht aus 400 Personen, und begreift in sich die ersten Sänger und Spieler England's. – Jedoch Ein's fehlt, um die Aufführung vollkommen zu machen, und Ihre herrlichen, bewunderungswürdigen Oratorien, ausgestattet mit allen möglichen Vorzügen, wie es mein innigstes Vergnügen sein würde, dem Publikum vorzuführen. Dies Eine, welches dem Ganzen die höchsten Vortheile gewähren wird, ist: „Sie, geehrter Freund, möchten zu uns kommen, und die Aufführung in eigner Person dirigiren.” Ich frage deshalb bei Ihnen an: wollen Sie ein Engagement, betreffend die Direction Ihres Oratoriums annehmen, und wollen Sie gütigst mich Ihre Bedingungen wissen lassen, und zwar nach Englischem Geld? (Pfund Sterling.) Ferner wünsche ich zu wissen, ob Sie geneigt sein würden, in einem der Abend-Concerte ein Violin-Concerto vorzutragen? – Ich muß bemerken, und gewissermaßen bedingen, Sie, bester Freund, möchten nicht öffentlich spielen, oder irgend ein's Ihrer Werke hier in diesem Land dirigiren, ehe das Fest in Norwich beendigt ist.
Ich bin überzeugt, Sie theilen mit mir den Wunsch, die letzten Stunden des Heiland's möchten, aufgeführt zum ersten Male in einem unserer größten Musikfeste, im vortheilhaftesten Lichte erscheinen, und dies kann nur bewirkt werden, wenn Sie selbst die Direction übernehmen. – Wollen sie meine Englische Ausgabe der „letzten Dinge”1 nachsehen, so werden Sie darin finden, daß es in England zuerst in einem der Norwicher Musikfeste aufgeführt worden ist. Bei dieser Gelegenheit fühlten meine Landsleute zuerst Ihre Macht als Componist für feierliche Musik. Norwich ist deshalb unter allen Städten die geeignetste für die Aufführung „der letzten Stunden des Heiland's. Ich brauche nicht hinzuzufügen, daß ich Alles, was in meinen Kräften steht, thun werde, Ihren Aufenthalt in diesem Land so angenehm als möglich zu machen. Der Bürgermeister2 in Norwich, der den lebhaftesten Antheil an diesem Feste nimmt, empfiehlt sich Ihnen durch mich, und drückt den Wunsch aus, Sie für die Zeit Ihrer Anwesenheit i[n] se[inem] Hause empfangen zu können. –
Ich weiß, Sie hören gern die Nachricht, daß ich zum Professor der Musik im „Gresham College” ernannt worden bin, – das einzige Collegium in London, welches einen Professor in unserer Kunst hat.
Erfreuen Sie mich mit einer baldigen Antwort, die mir sagt: „Ja, ich komme” – und nehmen Sie die Versicherung der ausgezeichneten Hochachtung, mit der ich mich Ihnen empfehle alsbaldige

Ew. Wohlgebornen
ganz ergebenster
Edward Taylor

Je dois ajouter que je me suis servi de la bien faisance d'une amie3 qui nous fait visite dans ce moment, pour vous adresser en Allemand – manquant cette aimable assistance je vous aurais ecrit comme à l'ordinaire en Français. ET.

Autor(en): Taylor, Edward
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Marshall, John
Taylor, Meta
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Des Heilands letzte Stunden
Spohr, Louis : Die letzten Dinge
Erwähnte Orte: London
Norwich
Erwähnte Institutionen: Gresham College <London>
Norfolk and Norwich Triennial Festival
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1839040234

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Taylor an Spohr, 25.08.1837. Spohrs Antwortbrief vom 13.04.1839 ist derzeit verschollen.

[1] Louis Spohr, The last judgement, übers. v. Edward Taylor, London 1831.

[2] John Marshall.

[3] Aus Taylor an Spohr, 10.11.1839 geht hervor, dass es sich um Meta Dochow handelt, die kurz darauf Taylors Sohn John heiratete.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (08.12.2017).