Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,268

Sr. Wohlgeb
Herrn Kapellmeister Spohr
Cassel
in Hessen


Frankfurt am 30 Merz 1839.

Theurer Fr!

Gestern Abend wurde im Theater Ihr Vater unser u. Schnyder’s Oratorium wiederholt. Ich kann Ihnen nicht sagen, mit welcher Freude die Sänger Ihr Werk, das durch die Wiederholung erst recht gefällt wieder vorgenommen haben. Es machte einen herrlichen Eindruck u. ich war über die Maaßen vergnügt.
Schnyder erzählte mir von einer Differenz die er mit Dr Schilling wegen dem Patronate des Fürsten von Hechingen hatte1, u. wünschte Ihre Meinung darüber. Ich setze voraus, daß Sie von der Sache bereits unterrichtet sind, denn um sie mitzutheilen fühle ich mich nicht berufen, da die Geschichte viel zu langweilig ist. – Schlesinger in Paris hat der Mozartstiftung 25 Exemplare seiner Gazette Musicale gratis zur Verfügung gestellt. Diese Zeitung, welche wöchentlich 2mal erscheint, kostet jährlich fn 36. Wir erlassen sie zu f 10. sgr. zehn. Vielleicht haben Sie Gelegenheit dort einige Ex. unterzubringen. – Es ist auffallend, daß man Meyerbeer nicht zum Mitgliede des National Vereins gewählt hat, aber so zum Ehrenmitgliede Cherubini u. Rossini. Es wäre mir sehr angenehm, von Ihnen einige Ansichten über die Wirksamkeit dieses Vereins zu hören, der einen guten Einfluß auf die vorherrschende musik. Kritik üben könnte.

Mit unveränd Gesinnung Ihr WmSpeyer.



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Speyer, 26.01.1839. Spohr beantwortete diesen Brief am 08.05.1838.

[1] Schnyder und Spohr gehörten zum Vorstand des neuen Deutschen Nationalverein für Musik und ihre Wisenschaft, dessen Sekretär Gustav Schilling war, der auch die Redaktion der Vereinszeitschrift übernahm und in dicken Buchstaben verkündete, dass der Verein unter dem Protektorat des Fürsten von Hohenzollern-Hechingen stünde (vgl. „Verzeichniß der jetzigen Mitglieder des Vereins”, in: Jahrbücher des Deutschen Nationalvereins für Musik und ihre Wissenschaft 1 (1839), S. 4). 

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (10.03.2016).