Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hamburg, d. 9/3 39

Hochgeschätzter Herr Hofkapellmeister!

Ihre halb & halb abschlägige Antwort hat mir noch nicht alle Hoffnung genommen. Eine Bildungsschule bestehend1 in täglichen Etüden, um das zu erhalten was frühere Studien Früchte trugen, und das sich anzueignen, was noch zu lernen etc. – ein solches Heft ist ein wahres Bedürfniß. Außer Ihnen existirt aber Niemand welcher mit Umsicht & Geist diese Aufgabe lösen könnte. Allerdings wäre eine 2t Geige von guter Wirkung, Sie würden vortreffliche Etüden, Capricen etc. schaffen & bin ich hierin ganz Ihrer Ansicht. Um indeß für alle Zeiten etwas Klassisches zu Tage zu fördern, so wäre es vielleicht gut, wenn die vorzüglichsten Etüden oder Capricen eines Rode, Kreutzer, Fiorillo dazwischen geschoben, von Ihnen mit Fingersatz, Strich, Begleitung & kleinen Erläuterungen versehen – zwischen den Ihrigen Platz fänden. Ueberlegen Sie meinen Antrag noch einmal – und ich hoffe Sie werden meine Bitte erfüllen. Jahr & Tag Zeit ist zu dieser Arbeit nöthig, fasse mich auch gern in Geduld – aber rauben Sie mir die Hoffnung nicht. – Mit Haslinger bin ich übrigens sehr befreundet. – Da ich nun aber gern möglichst bald etwas von Ihnen großer Meister verlegen möchte, so bitte ich um ein Liederheft für Sopran oder Tenor etwa 4 Nummern enthaltend. Wenn ich mir hierbei einige Bemerkungen erlaube so glauben Sie nicht daß ich ein habsüchtiger Musikverleger bin – es ist nur des Geldes wegen, werden Sie denken etc.
Nahmlich: ansprechend melodienreiche Lieder nicht zu lang & nicht zu schwer in der Begleitung, welche von guten Dilletanten & Sängerinnen in kleinen musikal. Kreisen & Konzerten mit Erfolg gesungen werden können – diese würden mir – das heißt meinem Verleger (denken Sie nur nicht wieder an das edle Geld) am meisten zusagen.
Dann möchte ich mir von Ihrer Güte erbitten: eine Sonate f. Pianoforte & Violine obligat – in dem Genre der Beethovenschen O.24.
Würde diese im Publikum Anklang finden – so wäre ich nicht abgeneigt eine Collection von 4 bis 6 Stück nach & nach herauszugeben. An guten gediegnen! Sonaten mit Violine ist ein großer Mangel.
Zum Glücklichsten Aller Menschen werden Sie mich machen wenn ich (sic!) recht bald mit einer Antwort beehren

Ihren
Sie hoch schätzednen
Julius Schuberth

Einige Nachrichten über Ole Bulls Auftreten dort2, so wie Urtheil über denselben würden mir höchst erwünscht kommen aus Ihrer Feder.
d.O.

Autor(en): Schuberth
Schuberth, Julius
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Fiorillo, Federigo
Haslinger, Tobias
Kreutzer, Rodolphe
Rode, Pierre
Erwähnte Kompositionen: Beethoven, Ludwig van : Sonaten, Vl Kl, op. 24
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1839030955

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr an Schuberth. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schuberth an Spohr, 05.06.1839.

[1] Hier gestrichen: „ist“.

[2] Ole Bull gab 1839 zwei Konzerte in Kassel (vgl. Spohr an Louis Pacius, 10.02.1839; Spohr an Wilhelm Speyer, 26.01.1839; Spohr an Adolph Hesse, 15.04.1839; L., „Kassel, im Januar”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 41 (1839), Sp. 109ff., 128ff. und 139ff., hier Sp. 141; L., „Kassel, Ende Juni”, in: ebd., Sp. 601-604, hier Sp. 601).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (13.11.2020).