Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Ein Stück Hamburg. Rauchfleisch,
in Leinen gepackt HS.
an Herrn L. Spohr
Doctor & Hofcapellmeister
in
Cassel

franco!1


Hochgeehrter Herr!

Meine Drohung, Sie mit einer Hamburgersie zu belästigen – ist ausgeführt – ich habe das Risico übernommen auf Ihre Güte & Nachsicht2 gegen den enthusiastischen Hamburger Musik & Buchdlr. bauend. Für die Königin Hausfrau ist auf umstehender Seite das Nöthige bemerkt. Sobald ich in Erfahrung gebracht – ob Austern dem fürstlichen Künstler zusagen – so rückt eine ArrièreGarde in Cassel ein. –
Daß an der Sache zwischen Ihnen und meinem Frd. Ole Bull Nichts ist – habe ich von Letzterem freudig vernommen und werde ich in der Biographie welche ich von ihm drucke, die Berichtigung besonders hervorheben lassen.3 Solche Irrthümer müssen berichtigt werden.
Wünschen Sie einige Nachrichten über Ole Bull so geben Sie mir nur einen Wink, ich stehe mit ihm in ununterbrochener Correspondenz. Jetzt ist er in Breslau & geht von da nach Wien, wegen der späten Jahreszeit nicht nach Warschau & Moscau.

Mit großer Verehrung
Ihr
Julius Schuberth

Hamburg, 2/3 39


Bemerkungen

Das Fleisch ist gekocht – gleich zum Genießen bereitet. In der Art zu kochen, darin liegt ein Geheimniß, welches im Ausland selten bekannt.
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Das Fleisch hält sich 14 Tage
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Wo dasselbe angeschnitten werden muß ist ein Faden durchgezogen.
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Gegessen wird es kalt.
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Bei der Ankunft ist das Fleisch, sofort auszupacken & muß auf einer Schüssel offen stehen gelassen werden.
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Das absandte meine Frau, die sich ebenfalls mit Hochachtung empfiehlt.

Im Fluge die Post geht

Autor(en): Schuberth
Schuberth, Julius
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Bull, Ole
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Breslau
Moskau
Warschau
Wien
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1839030255

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schuberth an Spohr, 06.02.1839. Spohrs derzeit verschollener Antwortbrief auf den Vorbrief entstand entweder später als dieser Brief oder die Postwege beider Briefe überschnitten sich.

[1] Auf dem Umschlag findet sich außerdem noch der Vermerk: „Zoll 6 gr. bezahlt / Cassel d. 5/3 39.“

[2] „Nachsicht“ über der Zeile eingefügt.

[3] [Ergänzung Karl Traugott Goldbach, 13.11.2020:] Schuberth kündigte bereits am 17.01.1838 an: „In etwa 14 Tagen erscheint bei Schuberth & Niemeyer in drei Sprachen […] Ole B. Bull’s Biographie, nach authentischen Quellen und mündlichen Mittheilungen des Künstlers bearbeitet von Aug. Gathy“ („Neuigkeiten aus der Kunst- und Künstlerwelt“, in: Hamburger Musikalische Zeitung (1838), S. 17). Bei der „Sache“ zwischen Spohr und Bull könnte es sich um einen Vorfall bei Bulls Aufenthalt in Kassel handeln (vgl. Spohr an Louis Pacius, 10.02.1839). Wahrscheinlicher erscheint aber ein anderer Zusammenhang. Wenige Tage später erschien in der gleichen von Schuberth verlegten Zeitung die „biographische, Skizze des norwegischen Violinisten Ole B. Bull“, entlehnt „dem ,Musikalischen Conversations-Lexikon’, bearbeitet von Aug. Gathy, welches jetzt unter der Presse ist und bei Schuberth & Niemeyer erscheinen wird“. Schuberth bezieht sich offensichtlich auf die Passage über Bull und Spohr: „Am musikalischen Himmel leuchtete ihm als Stern der Name Spohr; er entschloss sich, diesem Meister in Cassel aufzusuchen, und trat im Mai 1829 seine Reise an. Die kalte Aufnahme aber, die er daselbst fand, machte ihn dermaassen an sich irre, dass er Musik ganz und gar aufgeben zu müssen glaubte, nach Göttingen sich wendete und zum Studium der Jurisprudenz überging“ („Ole B. Bull“, in: ebd., S. 27). Eine Auflage des Lexikons 1838 oder 1839 ist derzeit nicht nachweisbar; die Auflage von 1840, die nur noch bei Niemeyer erschien, enthält diese Passage immer noch (August Gathy, Musikalisches Conversations-Lexikon. Enzyklopädie der gesammten Musik-Wissenschaft […], Hamburg 1840, S. iv).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (13.11.2020).