Autograf: Spohr Museum Kassel (D-Ksp), Sign. Sp. ep. 1.2 <18390220>
Beleg: Autographen. Historische Autographen, literarische Autographen, Musiker, Schauspieler und bildende Künstler, Stammbücher. Versteigerung am 20., 21. und 22. Oktober 1926 (= Katalog Liepmannssohn 48), Berlin 1926, S. 174f.

Sr. Wohlgeboren
dem
Herrn Dr. Louis Spohr
Kurfürstlicher Hof-Kapellmeister
Ritter etc.
in Cassel
 
franco.0
 
 
Breslau den 20ten0a Februar
1839.
 
Geliebter Herr Kapellmeister!
 
Damit unsere Korrespondenz nicht ganz ins Stocken gerathe, bin ich so frei, Sie wieder mit einigen Zeilen zu belästigen. Wir leben hier wieder sehr stark in der Musik, und Konzert folgt auf Konzert. Ihre ersten Sinfonien haben uns bereits sehr erfreut, Schoen, der neulich ein Konzert gab, spielte0b unter sehr präziser Begleitung Ihre ewig junge Gesangsscene ganz vortrefflich, ebenso auch das Concertino in a. Herr Lüstner wird uns auch Ihr 2tes nächstens vorführen. In 8 Tagen soll Ole Bull hier eintreffen. Hat er denn in Kassel gespielt? und was sagen Sie dazu?1 Ich fürchte, mir wird diese Richtung nicht zusagen. Meine neue Sinfonie in es wurde kürzlich bei Moeser mit Beifall gegeben;2 hier spielte ich ein neues Konzertstück für Pianof. mit Orchester von mir1a und Moscheles himmlisches g moll Konzert, auch Beethovens d dur-Trio. Ihre nächste Sinfonie ist leider immer noch nicht erschienen. Wie leben Sie und Ihre Familie diesen Winter in Kassel, und was gibt es Neues? Mit unserer Oper sieht es jetzt so so aus. Marschners Bäbu wird jetzt gegeben und gefällt gar nicht. Mir scheint der Komponist guckt sammt seinem Dichter Wohlbrück manchmal etwas zu tief ins Glas, denn solch konfuses Zeug kann kein Vernünftiger schreiben.3 Was werden Sie künftigen Sommer vornehmen? Kommen Sie nur zu uns, das wäre herrlich, wenn ich Sie einmal auf so wohlfeile Art sehen könnte. Eine neue Motette4 nebst Orgelssachen5 sind von mir erschienen. Entschuldigen Sie alle diese durcheinandergeworfenen Nachrichten, ich schrieb wie mirs gerade einfiel. Inliegende Zeilen besorgen Sie wohl gütigst bald6 an ihre Adresse, sie enthalten eine Bestellung auf Ihr wohlgetroffenes Portrait, weshalb ich schon lange hier gequält werde. Grüßen Sie herzlich Ihre liebe Familie nebst sonstigen Freunden von mir, und erfreuen Sie mich bald mit einigen Zeilen.
 
Hochachtungsvoll
Ihr ergebenster Verehrer
Adolph Hesse



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Hesse, 06.09.1838. Spohr beantwortete diesen Brief am 15.04.1839.
 
[0] [Ergänzung 22.11.2021:] Auf dem Adressfeld befindet sich rechts oben der Poststempel „BRESLAU 2-3 / 20 / 2“, links neben dem Adressfeld der Stempel „25 FEB 1839“.
 
[0a] [Ergänzung 22.11.2021:] „20ten“ über gestrichenem „19“ eingefügt.
 
[0b] [Ergänzung 22.11.2021:] Hier gestrichen: „unteh(?)“.
 
[1] Vgl. Spohrs Antwortbrief.
 
[1a] [Ergänzung 22.11.2021:] „von mir“ über der Zeile eingefügt.
 
[2] Vgl. „Berlin, den 5. Februar 1839”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 41 (1839), Sp. 141-146, hier Sp. 144.
 
[3] Vgl. August Kahlert, „Aus Breslau”, in: Neue Zeitschrift für Musik 6 (1839), S. 115f., 119f. und 127f., hier S. 120.
 
[4] Vgl. C[arl] F[erdinand] Becker, „Ad. Hesse, Motette: Singet dem Herrn”, in: Neue Zeitschrift für Musik 6 (1839), S. 191f.
 
[5] Vgl. C[arl] F[erdinand] B[ecker], „Orgel”, in: Neue Zeitschrift für Musik 6 (1839), S. 126f., hier S. 126.
 
[6] [Ergänzung 22.11.2021:] „bald“ über gestrichenem Wort eingefügt.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (22.04.2015).