Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Warschau
26 Januar
1839.
Hochwohlgeborener Herr
Hochgeehrtester Herr Doctor!
Als für mich u m. Sohn erfreuliches geehrtes Schreiben von Ew. Hochwohlgeb. vor einiger Zeit zu kam, u derselbe reisefertig war, dorthin zu gehen, erkrankte ich leider, u konnte 1½ W. das Bett nicht verlaßen. Leider bis jetzt bin ich noch nicht ganz hergestellt. Bey solchen für meinem Hause betrübten Umstand, konnte die Abreise m. Sohnes für keinen Fall statt finden. Indessen da jede Gefahr bey mir G.s.D. vorbey ist, habe ich bereits wegen einem Paß nach Cassel eingereicht, und hoffentlich werde ich solchen, in der ersten Hälfte Februars erhalten, dann gehet er sofort mit der Schnellpost zu Ihnen ab, um den erfolgreichen Unterricht bey Ew. Hochwohlgeb. weiter zu genießen. – Müßig indessen, ist m. Sohn hier nicht gesen, Er war recht fleißig, u hat bedeutend vorgeschritten, so daß nach dem Urtheil aller hiesigen Kenner, ich ihn nun ohnmöglich von der Music abreißen kann. Was er hier in der großen Resonanz in Gegenwart 500 Notablen u der größten Kenner Ihr 2tes Concert vortrug, erfreute Alles, u mir wurde von allen Seiten gratulirt, u mich freundlichst verpflichtet ihn wieder zu Ew. Hochwohlgeb. zurückzuschicken. Absichtlich lege ich hierbey was über diesem seinen ersten öffentlichen Vortrag gesagt wurde: die Uebersetzung lautet wie folgt:
„Der Warschauer Fiolonist1, der 18jährige Herr Landowski, ein Schüler p Spohr’s, hat vorgetragen ein ein Werg seines berühmten Meisters, mit seltner Reinheit u praecision. Musickenner rühmen in diesem talentvollen jungen Mann die Sicherheit u die außerordentliche Schnelligkeit oder Geläufigkeit, wie durch das schöne Bogenführen. Noch sind es keine 6 Jahre als er die Music anfing, u schon hat er solch bedeutende Fortschritte gemacht. Wir haben von allen Seiten von ihm einstimmiges Lob gehört.“2
Dieses öffentliche Anerkennen feuert ihn noch mehr an, u er wird, wie er es oft sagt nun mehr in Cassel seine Zeit besser zu benutzen wissen, wie das erste mal. Sie werden große Freude haben Herr Doctor, ihn jetzt was vortragen zu sehen, u wird es dorte so fleißig seyn, wie sein Talent täglich sich hebt, so wird er gewiß seinem Meister Ehre machen.
Die Allmacht erhalte Sie nur hochgeehrtester Herr Doctor recht gesund zum Nutzen u zur Freude Ihrer so vielen Verehrer!
Sie werden Herr Doctor gütigst mit nächster Post ein Fäßchen, vom diesjährigen Caviar von 12 [???] empfangen, welches ich mir die Freiheit genommen habe mit mit Gheit3 bis Posen, von da mit der Posten Ew. Hochwohlgeb. zu zuschicken.
Der Vater 4 d Hn Eisenbaum will auf keinen Fall zugeben, daß ich wegen Stipendia für seinen Sohn 5 was versuche; daher geschieht Ihr Wille Herr Doctor dieserhalb nicht.
Meine liebe Frau, u m Sohn der schon sehnlich wieder nach Ihrem Unterricht schmachtet verfehlen sich ergebenst, und ich zeichne mit aller Hochachtung und Ergebenheit
Ew. Hochwohlgeborener
Hochgeehrtester Herr Doctor
ganz ergebenster Diener n
PLandowski
Autor(en): | Landowski, Paul |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Eisenbaum, Antoni Eisenbaum, Michał Landowski, Sigismund Martin |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | Warschau |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1839012640 |
Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr an Landowski. Der nächste Brief dieser Korrespondenz ist Landowski an Spohr, 10.03.1839.
[1] Sic!
[2] Quelle noch nicht ermittelt.
[3] Wohl Abk. f. „Gelegenheit“: „Gibt man einem Freunde, der an demselben Ort reiset, wohin man schreibt, den Brief zur Bestellung mit, so setzt man auf die Adresse: ,durch Gefälligkeit’ oder ,durch Gelegenheit’“ (Neuester und vollständigster deutscher Universal-Muster-Briefsteller, sowie österreichischer Privat-Geschäfts-Secretär, welcher alle im bürgerlichen Leben vorkommenden schriftlichen Aufsätze zu verfassen lehrt, Bd. 1, o.O. [1842], S. 124).
[4] Antoni Eisenbaum.
[5] Michał Eisenbaum
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (06.01.2022).