Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Ew. W.

Einen in die Verhältnisse des öffentlichen und gesellschaftlichen Lebens tiefer und ernergischer eingreifenden Gesammtkörper auf deutschem Boden zu1 bilden, von welchem aus dann ein den2 höheren Forderungen der Kunst entsprechende eigene Belebung der musikalischen Interessen befördernd in Deutschland mögich ist und der immer mehr um sich greifenden Ver- und Halbbildung in unserer Kunst ein kräftiger Damm entgegengesetzt werden kann, bin ich in diesem Augenblicke bemüht, einen
deutschen Nationalverein
für Musik und ihre Wissenschaft
zu gründen, dessen Mitglieder durch Lehre und Beispiel mittelst eines öffentlichen Organs, für dessen Verlag und Anordnung bereits vollkommen gesorgt ist, jenem schönen Ziele entgegen zu arbeiten sich verpflichten.
Der Verein wird aus ordentlichen, Ehren- und correspondirenden Mitgliedern bestehen; die Zahl der ersteren aber nur 20 als für immer festen Summe betragen um dem ganzen Ursinn die zu seiner Wirksamkeit nöthigen Würde und Festigkeit zu schützen, und die ganze Verfassung eine vollkommene demokratische seyn. Nichts desto weniger bin ich für die erste Gründung allein veranlaßt, einen zu solch großartigeren Unternehmen passenden Kreis von Männern um mich zu versammeln, durch deren Zusammenarbeit und Zusammenhaltung dann erst das eigentliche Leben des Vereins beginnen kann, und ich erlaube mir daher, Sie hiemit im Interesse der schönen Sache zu fragen, ob Sie wohl gesonnen wären,
als ordentliches Mitglied
dem Verein beizutreten, wie ferner, ob Sie in gehofftem zusagenden Falle, da die Oberleitung der Gesellschaftsausschüsse mit Präsidium anerkannt werden muß, folgende Herren Ihre Zustimmung als Mitglieder des Gesellschaftsausschusses und Präsident zu geben gesonnen sind:
Hr. v Miltitz in Dresden als Präsident,
und als Ausschußmitglieder:
Hr. Prof. Marx in Berlin,
Hr. Kpm Reissiger in Dresden,
Hr. Kpm Schneider in Dessau,
Hr. Hfr. Kiesewetter in Wien,
und unterzeichnetem permanenter Secretair des Vereins.
Auf gefällige umgehende Antwort per Post werden Ihnen dann sofort die bereits im Drucke begriffenen ausführlichen Statuten des Vereins nebst Diplom3 zugesandt werden. Vorläufig bemerke ich aus derselben nur, daß der Gesellschaftsausschuß nebst Präsidium alle Jahre wechselt; die künftige Ernennung von Mitgliedern nur von dem Gesellschaftsausschuss ausgeht, und die Obliegenheit der Mitglieder vornehmlich in halbjährigen Beiträgen zu der Zeitung des Vereins besteht, die honorirt werden, so bald der Ertrag derselben es zuläßt, während ich und der Verleger vor der Hand alle Kosten derselben tragen, also große Opfer dem Vaternehmen um seines herrlichen Zwecks willen zu bringen bereit sind.


Ew. W. gefälligen Antwort gewärtig, verharre ich mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
ergebenster
DrGustavSchilling./..4

Stuttgart am 26t Nobr.
1838.

Insbesondre möchte ich noch Euer Wohlgeb. einladen, dem Verein nur einen Theil Ihrer Tage(???) zu schenken.

Autor(en): Schilling, Gustav
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Kiesewetter, Raphael Georg
Marx, Adolph Berhard
Miltitz, Carl Borromäus von
Reissiger, Carl Gottlieb
Schneider, Friedrich
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen: Deutscher Nationalverein für Musik und ihre Wisenschaft <Stuttgart>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1838112644

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schilling an Spohr, 02.11.1837. Spohrs Antwortbrief ist derzeit verschollen.

[1] „zu“ über der Zeile eingefügt.

[2] „den“ über einem gestrichenen Wort eingefügt.

[3] Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 2° Mus 1500 Sp. 10[8.

[4] Bei den Zeichen „./..“ handelt es sich um einen freimaurerischen Zusatz zur Unterschrift (Philippe A. Autexier, Lyra Latomorum. Das erste Freimaurerliederbuch. Masonica über Haydn Mozart Spohr Liszt, pdf-Version nach dem Typoskript im Deutschen Freimaurermuseum Bayreuth, S. 340 und 348).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (05.08.2021).