Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Rothenburg, an der Tauber, am 28t Sept. 1838.
Hochwohlgeborner
Hochzuverehrender Herr Hof-Kapellmeister!
Wenn ich es bis jetzt unterlassen habe, Ew. Hochwohlgeboren bezüglich des Benehmens und der künstlerischen Fortschritte meines Sohnes, Ihres Kunstzöglings, um Hochdero hochgeneigtes Urtheil gehorsamst zu bitten, so konnte dieser Versäumniß nur meine unbegrenzte Hochachtung gegen dieselben und das ungetheilteste Vertrauen auf Ew. Hochwohlgeboren längst vielfach erprobte, hohe Menschenfreundlichkeit als Ursache zu Grunde liegen.
Wohl hatte ich mir vor einigen Monaten es vorgenommen, Ihren hochverehrlichem kunstrichterlichen Ausspruch über die musikalische Befähigung des Jünglings gehorsamst zu erbitten; allein die billige Besorgniß, hochdieselben bei Ihrer so ungemein großen und vielseitigen Kunstthätigkeit etwas zu stören, hielt mich von der Bewerkstelligung dieses Vorsatzes immer wieder zurück.
Nun aber dringt mich dann doch die offenbare Nothwendigkeit, solche Erdreistung dennoch zu wagen, da mein Friedrich es so sehr wünscht, auch diesen bevorstehenden Winter noch Ihre so einzig treffliche Kunstschule genießen und deren höchstausgezeichneten Leitung sich forterfreuen zu dürfen.
Nach seinen bisherigen Fortschritten werden Hochdieselben wohl hochgeneigtest ermessen, ob es rathsam sey, den Jüngling dem so hochgefeierten Kunstfache der Musik wirklich ausschließlich zu widmen; und in diesem Falle möchte ich mich ann unterstehen dürfen, Ew. Hochwohlgeboren angelegentlich gehorsamst zu bitten, den Kunstjünger Ihrer hochgeneigtesten Fürsorge, die ihn und mich nebst meine Familie, ohnehin schon zu unsäglich großer Dankbarkeit auf Lebenszeit Hochdenenselben innigst verpflichtet, auch ferner noch gewogenheitlichst würdigen zu wollen. Ich muß ihn lediglich Ihrer hochgeneigtesten, väterlichen Fürsorge anheimstellen; denn mir wurde offenbar der seiner erforerlichen Ausbildung nothwendige Grund von strengster Kenntniß und gediegener Ausübrung des eigentlichen Meisterspieles der Violine mangeln; und ich könnte ihm höchstens die Fortbildung im Fugenbau, in der Instrumentirung u. dergl. gewähren, was er jedoch auch durch Ihre äußerst treffliche Anstalt gewinnt. Die ausgezeichnet zweckmäßigen Verfahrungsweise, welche Herr Kammermusikus Hauptmann in der theoretisch-praktischen Instruktion junger Musiker in Anwendung bringt, verdient in Wahrheit auch großen Respekt, und ich zweilfe keinen Augenblick daran, daß auch die fortgesetzte fleißige Benutzung des von Ew. Hochwohlgeboren mit allem Rechte ausdrücklich empfohlenem theoretischen Musikunterrichts meinem Friedrich sicherlich von großem Nutzen seyn würde. Dieses Glück meines Sohnes, von Hochdenenselben Ihres unvergleichlichen Kunstunterrichts gewürdigt werden zu seyn, daß wird stets sein und mein größter Stolz bleiben. Möchte die göttliche Vorsehng Ew. Hochwohlgeboren und Ihre hochschätzbare Familie fortwährend mit allem erspießlichen Angenehmen und Guten reichlich erfreuen, und Hochdieselben noch lange mit Kraft und Geistesheiterkeit ausrüsten, um in Ihrem so schönen, aber auch mühevollen Wirkungskreis lange noch auf so ausgezeichnet erfolgreiche und glänzende Weise segenreich zu schaffen und zu erfreuen!
Ich werde mich unbeschreiblich freuen, mit allen Gliedern der Kunstwelt die Wonne theilen zu dürfen, Ew. Hochwohlgeboren als die Krone der gefeiertesten Kunstgelehrten und der ausübenden Künstler stets im höchsten Wohlseyn zu wissen und nach Decenien den größten Fürsten des Reiches der Töne auch noch als den glücklichsten Greis verehren zu können! Sie haben sich einen Lorbeerkranz errungen, den auch künftige Geschlechter noch hochehren.
Erlauben Hochdieselben mir die Ehre, meinen Sohn, so wie auch mich und meine Familie Ihrer hochgeneigten Gewogenheit angelegentlich gehorsamst empfehlen zu dürfen; wobei mit ausgezeichneter Hochachtung und unbegrenzter Verehrung verharret
Ew. Hochwohlgeboren
gehorsamer Diener
Gottlieb David
Gackstatter.
| Autor(en): | Gackstatter, Gottlieb David |
| Adressat(en): | Spohr, Louis |
| Erwähnte Personen: | Gackstatter, Friedrich Hauptmann, Moritz |
| Erwähnte Kompositionen: | |
| Erwähnte Orte: | Kassel |
| Erwähnte Institutionen: | |
| Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1838092840 |
Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Gackstatter an Spohr, 29.07.1837.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (13.01.2022).