Autograf: Library of Congress Washington (US-Wc), Sign. Gertrude Clarke Whittall Foundation/Mendelssohn Collection, ML 30.8j
Abschrift: Abschrift: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. MA Nachl. 7,64/1,9
Druck 1: Louis Spohr’s Selbst-Biographie, Bd. 2, Kassel und Göttingen 1861, S. 225f. (teilweise)
Druck 2: John Michael Cooper und R. Larry Todd, „'With True Esteem and Friendship'. The Correspondence of Felix Mendelssohn Bartholdy and Louis Spohr“, in: Journal of Musicological Research 29 (2010), S. 171-259, hier S. 232f.; englische Übersetzung S. 192f.
Druck 3: Felix Mendelssohn Bartholdy, Sämtliche Briefe, Bd. 6, hrsg. v. Kadja Grönke und Alexander Staub, Kassel u.a. 2012, S. 201
Beleg: Rare and Interesting Autograph Letters, Manuscripts, and Historical Documents (= Katalog Noel Conway & Co), Birmingham [1892], S. 51

Herrn
Herrn Kapellmeister Dr. Louis Spohr
&c. &c. &c.
in
Cassel

frei1


Leipzig d. 5ten Sept. 1838.

Hochgeehrter Herr Kapellmeister

Sie waren bei meinem letzten Aufenthalt2 in Cassel so gütig mir die Stimmen Ihrer neuen Symphonie zur Aufführung in den hiesigen Concerten zuzusagen, und ich erlaube mir nun Sie hieran zu erinnern, und um die Erfüllung Ihres so freundlichen Versprechens zu bitten. Ich habe sämmtlichen Musikfreunden3 hier, denen ich die Aussicht auf eine neue Composition von Ihnen gab, eine lebhafte Freude dadurch gemacht;4 wir wünschen unsre diesjährigen Concerte mit Ihrer Symphonie5 zu eröff nen, und ich freue mich schon von Herzen im Voraus auf den Genuß, der mir bevorsteht. Da Sie mir sagten, daß keine Partitur dabei wäre und ich mir eine solche also aus den Stimmen zusammenschreiben lassen möchte, so würden Sie mich durch eine recht baldige Absendung der Stimmen (adr. Hrn Wilh. Härtel, wie gewöhnlich) sehr verbinden, denn das
1ste Concert findet schon den 30sten d. M. statt, u. ich würde Ihnen meine Bitte eher gethan haben, wenn ich nicht bis jetzt auf das Erscheinen der Symph. im Stich gewartet hätte, welches aber immer noch nicht erfolgt ist. So bleibt mir also nichts übrig, als Ihre Güte in Anspruch zu nehmen u. zu hoffen Sie werden meinen und unser aller Wunsch erfüllen können; haben Sie im Voraus den besten Dank dafür.
Es that mir gar zu leid, Sie bei Ihrer Durchreise6 hier7 verfehlen zu müssen; ich wünsche mir es so sehr einmal einige Tage recht ruhig mit Ihnen zubringen u. Musik machen zu dürfen; die kurzen und wenigen Male daß es geschah sind mir unvergeßlich geworden. Haben Sie auch noch Dank für alle Freundlichkeit die Sie mir bei dem vorigen Aufenthalt erzeigten, und da ich einmal beim
Danken bin, so muß ich ganz, ganz vielmal und herzlich für das schöne liebe f dur Lied mit der Clarinette, den Zwiegesang, danken, das mir gar zu wohl gefällt und mich mit seiner großen Liebenswürdigkeit wie bezaubert hat, daß ichs Tagelang singen und mir vorspielen muß. Es ist nichts Einzelnes was ich daran hervorheben möchte8, sondern eben der ganze süße natürliche Fluß, der von Anfang bis zu Ende so leicht dahin fließt und so wohl thut. Wie oft habe ichs mit meinen Schwestern9 gesungen, und mich daran10 immer aufs neue gefreut. Dafür möchte ich nun gern danken.
Noch bitte ich Sie mir auf mein Gesuch wegen der Symphonie ein Paar Zeilen Antwort zu schicken, da ich das Repertoir der ersten Concerte gern bald fest bestimmen und dazu erst Ihre Zusage abwarten möchte. Sie sagen mir dann auch wohl wie es Ihnen u. den Ihrigen und Hauptmann geht, und grüßen Sie alle sehr vielmal von mir; und ich habe dann die Freude wieder etwas von Ihnen zu lesen.
Mit vollkommenster Hochachtung immer

Ihr ergebenster
Felix Mendelssohn Bartholdy

Autor(en): Mendelssohn Bartholdy, Felix
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Dirichlet, Rebecka
Härtel, Wilhelm
Hauptmann, Moritz
Hensel, Fanny
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Lieder, Sopr Klar Kl, op. 103
Spohr, Louis : Sinfonien, op. 102
Erwähnte Orte: Kassel
Leipzig
Erwähnte Institutionen: Gewandhaus <Leipzig>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1838090541

Spohr



Der letzte belegte Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Mendelssohn, 06.01.1838. Spohr beantwortete diesen Brief am 09.09.1838.

[1] Über dem Adressfeld befinden sich die Poststempel: „LEIPZIG / 6 Sept 38“ und „8 SEP 38“.

[2] Noch nicht ermittelt. Das in Druck 3 gegebene Datum „in den ersten Oktobertagen 1834“ kann sich zumindest nicht auf Spohrs erst 1838 komponierte Sinfonie op. 102 beziehen.

[3] Hier gestrichen: „denn“.

[4] Hier gestrichen: „und“.

[5] „mit Ihrer Symphonie“ über einem gestrichenen Wort eingefügt.

[6] Auf Spohrs Reise zur Kur nach Karlsbad (vgl. Marianne Spohr, Tagebucheinträge 28.-30.07.1838).

[7] „hier“ über der Zeile und vor gestrichenem „nicht“ eingefügt.

[8] „möchte“ über gestrichenem „mag“ eingefügt.

[9] Fanny Hensel und Rebecka Dirichlet.

[10] Hier ein Wort gestrichen („sehr“?).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (25.06.2020).