Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Warschau 5 Juny 1838.
Hochwohlgeborner Herr
Hochgeehrtester Herr Doctor!
Dero sehr Geehrtes vom 29ten parfato hat mich bewogen den Entschluß zu fassen meinen Sohn nach Hause zu besuchen. Ew. Hochwohlgeb. wißen daß ich mein ganzes Vertrauen auf Ihr Opinion setzte, u mir Ihr Spruch ein Orakel ist. Auf Ihre wohlbekannte Bravität, habe ich mein ganzes Vertrauen gesezt als ich mein Kind so weit hinführte, u da ließ; u Ihre nicht günstige Meinung bewegt mich denjetzigen Entschluß zu faßen. Ich habe alles gethan, was ein rechtschaffener Vater für sein Kind thun kann; die Allmacht will es anders, was kann ich dafür. Es gehet mir mehr um die Zeit die mein Sohn vergeudet als um die Kosten. Länger kann ich also nicht Zweifelhaft in meinem Entschluß bleiben. Diesem zufolge erlauben Sie mir noch hochgeehrtester Herr, daß ich Sie mit Gegenwärtigem belästige, u einige Veranlaßung zur Bemühung gebe. Mit heutiger Post nehmlich schreibe ich meinem Sohn, daß er so fort von dort abreise, u nach Warmbrun gehe, wo meine liebe Frau eine BadeCur vornimmt, ich gehe nächstens dorte durch nach Marienbrun, u da das weitere mit m. Sohn bestimmen. Ich befehle ihm daß er von dorte abreisend in keinen Groschen Schulden zurück läßt, vielmehr alles berichtet, so daß niemand auf ihm was zu klagen habe. Von dem Gelde also welches mir noch Rest bleibt, geben Sie ihm gütigst alles abzuzahlen, u auf ReiseKosten; so wohl für Fuhrwerk, als für ihn selbst. Den kleinen Rest als dann mir mit einer Anweisung auf Berlin gütigst zuschicken zu wollen. Um zu wißen wie mein Sohn mit dem Gelde gewaltet hat, ersuche ich Sie ergebenst mir die Verrechnungen gefällist zuschicken zu laßen. Da Sie hochgeehrtester Herr Doctor vor sein Abgehen von dort verreisen so ersuche ich Sie ganz gehorsamst ihm bis zur Abreise unter Schutz eines verläßlichen Mannes zu stellen, bey den er solchen finde wen er ihn anrufen sollte. Um diese Güte ersuche ich Sie auf das Inständigste tausendmal, den ich weiß in wie das zuweilen zugehet bey einem solchen Kinde, daß es Leute geben kann die sich praetensionen1 von ihm machen könnten. Schutz ist ihm also sehr nöthig. Geehrtester Herr Doctor! Sie waren ihm Vater bisher, bleiben Sie es an meiner statt bis er Cassel verläßt, und seien Sie es auch von mir im Voraus fest überzeugt, daß ich nie vergessen werde wie gut Sie es mit meinem Kinde haben wollten, ich werde also stets bereits seyn auf Ihren Wunsch alles zu thun was nur in meinen Kräften stehen wird als Ewhochwohlgeboren
ganz Ergebenster, stets mit Hochachtung
verehrender Diener PLandowski
Autor(en): | Landowski, Paul |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Landowski (Mutter von Sigismund Martin Landowski) Landowski, Sigismund Martin |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | Kassel Marienbad Warmbrunn |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1838060540 |
Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Landowski, 29.05.1838. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Landowski an Spohr, 16.09.1838.
[1] „Prätension, die Anforderung, Anmaßung, der Anspruch“ (Friedrich Erdmann Petri, Gedrängtes Deutschungs-Wörtebuch der unsre Schrift- und Umgangs-Sprache, selten oder öfter entstellenden fremden Ausdrücke, zu deren Verstehn und Vermeiden, 3. Aufl., Dresden 1817, S. 370).
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (04.01.2022).