Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. 55 Nachl. 76,175
Druck: Edward Speyer, Wilhelm Speyer der Liederkomponist 1790-1878. Sein Leben und Verkehr mit seinen Zeitgenossen dargestellt von seinem jüngsten Sohne, München 1925, S. 175 (teilweise)

Sr. Wohlgeb
Herrn Wilhelm Speyer
in
Frankfurt a/m
 
franco.
Hiebey ein
Paquet Musi-
kalien gez.
H.W.S.
 
 
Cassel den 5ten
Juni 1838.
 
Geliebter Freund,
 
Heute schreibe ich Ihnen mit zerrissenem Herzen, denn ich werde nachmittags meine gute Therese, Ihre Pathe1, begraben; vor 10 Tagen noch in blühendster Gesundheit, ist sie jetzt schon seit 3 Tagen eine Leiche! Das hier grassierende bösartige Nervenfieber hat sie so schnell hinweggerafft. Es ist für die kräftigsten Naturen gerade am verderblichsten. Was ich an diesem guten talentvollen Kinde verliere, läßt sich mit Worten nicht aussprechen. Sie war ganz das Abbild der seligen unvergeßlichen Mutter. Meinen Schmerz zu mehren, ist gerade meine alte Mutter und mein ältester Bruder mit Familie bey mir zum Besuch, die diese Schreckenstage mit durchgemacht haben! Meine 2te Tochter Ida liegt in Wochen2 und darf den Tod der Schwester nicht erfahren. Es ist ein trostlose Tage! –
Beykommend die Stimmen von Paulus sowie Partitur und Stimme vom Vater-Unser. Herrn Eckhardt p.p. bitte ich meinen besten Dank zu sagen.
Unter herzlichen Grüßen an die lieben Ihrigen ganz
 
der Ihrige
Louis Spohr

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Speyer, Wilhelm
Erwähnte Personen: Eckhardt, Carl
Spohr, Dorette
Spohr, Ernestine
Spohr, Therese
Spohr, Wilhelm
Wolff, Ida
Erwähnte Kompositionen: Mendelssohn Bartholdy, Felix : Paulus
Spohr, Louis : Vater Unser, WoO 70
Erwähnte Orte: Kassel
Erwähnte Institutionen: Cäcilienverein <Frankfurt am Main>
Cäcilienverein <Kassel>
Liederkranz <Frankfurt am Main>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1838060502

https://bit.ly/

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Speyer an Spohr, 16.06.1838. Speyer beantwortete diesen Brief am 13.06.1838.

[1] Vgl. Spohr an Speyer, 08.08.1818.
 
[2] Ida Wolffs Tochter Marianne Louise wurde am 29.05.1838 geboren ([Ludwig] Spohr, Spohr’sches Familienbuch. Genealogie der Familie Spohr aus Alfeld und kleine Beiträge zu einer Familien-Chronik, Karlsruhe 1909, S. 43).
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (09.03.2016).

Cassel, 5. Juni 1838.
 
Heute schreibe ich Ihnen mit zerrissenem Herzen, denn ich werde nachmittags meine gute Therese, Ihre Pate, begraben. Vor zehn Tagen noch in blühendster Gesundheit, ist sie jetzt schon seit drei Tagen eine Leiche. Das hier grassierende bösartige Nervenfieber hat sie so schnell hinweggerafft. Es ist für die kräftigsten Naturen gerade am verderblichsten. Was ich an diesem guten talentvollen Kinde verliere, läßt sich mit Worten nicht aussprechen. Sie war ganz das Abbild der seligen unvergeßlichen Mutter ...