Autograf: Spohr Museum Kassel (D-Ksp), Sign. Sp. ep. 1.2 <18380511>
Beleg: Autographen. Historische Autographen, literarische Autographen, Musiker, Schauspieler und bildende Künstler, Stammbücher. Versteigerung am 20., 21. und 22. Oktober 1926 (= Katalog Liepmannssohn 48), Berlin 1926, S. 174f.

Breslau den 11ten Mai 38,
 
Hochgeehrtester Herr und Freund!
 
Wenn ich diesen Sommer noch das Glück haben soll mit Ihnen und den lieben Ihrigen einige glückliche Tage zu verleben, so ist es dringend nöthig, daß ich jetzt an Urlaubsgesuch und Stellvertreter denke. Im erstern muß ich genau den Tag der Abreise sowie die Dauer der Abwesenheit bemerken, was ich erst im Stande bin, wenn Sie mir gütigst ohngefähr Ihre Abreise und Ankunft in Karlsbad angezeigt haben. Auch mein Kollege Köhler, der nach Carlsbad muß, möchte gern mit mir zusammenreisen. Ich bitte daher ergebenst, mir gütigst umgehend zu antworten, wenn Sie in Cassel abzureisen und in Karlsbad einzutreffen gedenken. Sollten Sie mir indeß bereits geschrieben haben, und der Brief in diesen Tagen anlangen, so werde ich, im Falle alles in meine Berechnung paßt, vielleicht nicht mehr antworten (außerdem Ihre Zeilen bedingen eine Erwiederung).
Ihre Violine sowie Concertino, Sonaten, Quartette etc. bringen Sie doch gewiß mit? Ich freue mich ungemein darauf.
Am Mittwoch hörten wir von der Akademie des Musikdir. Mosevius Bachs Passion ausgezeichnet schön und klar.1 Vorigen Sonnabend wurde in der Magdalenenkirche Ihr Vaterunser, das ich seit Halberstadt nicht hörte, sehr gut ausgeführt und Donnerstag vor Pfingsten werden wir, Siegert und ich Händels Belsazar nach Mosel in unserer Bernhardins-Kirche geben.2 Am Himmelfahrtstag kommt auch ein Psalm von mir ebenfalls dort zur Ausführung. Das wäre so das neueste Musikalische.
Schreiben Sie mir nur recht bald, bis dahin bin ich immer noch in Ungewißheit und kann keine Anstalten treffen, da ich nicht weiß, ob sich Ihr Plan nicht geändert hat. Meinen vorigen Brief vor ohngefähr 4 Wochen haben Sie doch erhalten?3
In der sehnlichsten Erwartung einiger Zeilen
 
Ihr
ergebener
Adolph Hesse.
 
Herzliche Grüße an die lieben Ihrigen.

Autor(en): Hesse, Adolph
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Köhler, Ernst
Mosewius, Theodor
Siegert, Gottlob
Erwähnte Kompositionen: Bach, Johann Sebastian : Matthäus-Passion
Hesse, Adolph : Psalmen
Händel, Georg Friedrich : Belshazzar
Spohr, Louis : Vater Unser, WoO 67
Erwähnte Orte: Breslau
Karlsbad
Erwähnte Institutionen: Kirchlicher Singverein <Breslau>
Singakademie <Breslau>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1838051131

Spohr



Dieser Brief folgt auf Hesse an Spohr, 19.04.1838. Spohr beantwortete diesen Brief am 18.05.1838.
 
[1] Die Aufführung war bereits für die Passionszeit vorgesehen, musste aber aus Krankheitsgründen verschoben werden („Breslau, vom 10ten April”, in: Neue Zeitschrift für Musik 8 (1838), S. 143f., hier S. 144).
 
[2] Vgl. „Aus Breslau”, in: Neue Zeitschrift für Musik 9 (1838), S. 73.
 
[3] Vgl. Vorbrief.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach 20.03.2015).