Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Innigst verehrter Herr Kapellmeister!

Wenn uns eine recht große Freude bevorsteht, so paart sich fast jedesmahl mit der schönen Hoffnung darauf, die Furcht und Angst, sie auch wirklich erfüllt zu sehen, aber weil sie uns so viel werth ist – so geht es mir auch diesmal und ich greife noch einmal zu der Feder, um wo möglich Gewißheit zu erreichen und die beiden letzten Empfindungen verscheuchen zu können. Wir sind nun ziemlich fest entschlossen Ende Mai nach Berlin zu gehen; meines Mannes Geschäftsreisen, die dann erfolgt, könnte sich aber wohl nach jetzigen Resultaten so ausdehnen, daß er erst Mitte Juny mit mir hierher zurückfahren dürfte. Es handelte sich also dann um Tage, vielleicht 1 oder 2 Tage – und denken Sie sich, Verehrtester, wenn es sich so gefügt hätte, daß Sie in diesen Tagen hier ankämen und wir wären noch nicht zurück – ich wäre ja trostlos. Darum zürnen Sie mir nicht, wenn ich Sie innigst anflehe, mir, so weit Sie es bis jetzt vorausbestimmen können, ohngefähr den Tag Ihres Eintreffens in unserer Stadt anzugeben, dann ließe sich doch eher etwas einrichten und das Möglichste daransetzen, daß wir Sie sicher hier empfangen können. Wir freuen uns so unendlich darauf, Sie wiederzusehen, wie Sie es gar nicht genug denken können wie schön wollen wir dann zusammen musizieren und die Zeit gewiß recht schön anwenden. Mendelssohn ist mit Frau und Kind nach Berlin gereist und geht von dort in einigen Wochen nach Köln, es wäre doch möglich, daß er wieder zurück wäre, wenn Sie kommen. Mit der Osterzeit ist die Stille für die Musik eingetreten – Alles ist vorüber, nur das Theater bietet noch seine schlechten Ausführungen, somit ist man auf das Musizieren im Hause beschränkt und da erklingt wohl noch mancher Ton, namentlich der romantischen Schule, die man nun doch einmal kennen lernen muß. Sehr freue ich mich, mit Ihnen darüber zu sprechen und Ihr Urtheil zu hören, das mir von Allen wichtig ist. Ihre liebe Frau Gemahlin spielt gewiß recht viel? ich grüße sie auf das Herzlichste, so mir auch die liebe Therese – mein Mann empfiehlt sich Ihnen Allen tausendmal. Wenn es möglich ist, so beglücken Sie mich vielleicht durch einige Zeilen, nach denen wir dann unsere Einrichtung treffen können, ich würde es Ihnen unendlich danken und thue es schon jetzt im Voraus.

Mit treuster Ergebenheit
Ihre
Henriette Voigt

Autor(en): Voigt, Henriette
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Mendelssohn Bartholdy, Felix
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Berlin
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1838041844

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Voigt an Spohr, 24.03.1838 Spohr beantwortete diesen Brief am 22.04.1838.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Friederike Wagner (16.09.2022).