Autograf: Bodleian Library Oxford (GB-Ob), Sign. GB 6: 177
Druck: John Michael Cooper und R. Larry Todd, „'With True Esteem and Friendship'. The Correspondence of Felix Mendelssohn Bartholdy and Louis Spohr“, in: Journal of Musicological Research 29 (2010), S. 171-259, hier S. 232; englische Übersetzung S. 191

Cassel den 28sten December
1837.

Hochgeehrter Herr und Freund,

Mit größestem Vergnügen würde ich Ihnen die verlangte Ouverture senden, sie existirt aber als solche nicht mehr. Da mir die Form später nicht mehr gefiel, so habe ich sie mit Hinzufügung eines Eingangs-Adagio als ersten Satz einer neuen Sinfonie bearbeitet, die ich zur Eröffnung der dießjährigen Concerts spirituels in Wien geschrieben habe. In dieser Gestalt, mit einigen Veränderungen und mit Wiederholung der ersten Hälfte hat sie uns in den Proben die ich vor Absendung der Sinfonie davon machte, nun besser gefallen. Gern würde ich Ihnen nun die ganze Sinfonie zusenden; für jezt darf ich dieß aber noch nicht, da ich mich gegen die Directoren der C[oncerts] Spir[ituels] verpflichtet habe, keine Aufführung vor der in Wien, selbst nicht hier, zu veranstalten.1 Sobald jene aber stattgefunden hat, werde ich Sie hier geben und wenn Sie dann noch einen Platz in Ihren Abonnements-Concerten offen haben, so wird es mich freuen, sie Ihnen zusenden zu dürfen. – Vieleicht könnte aber für Ihr Armen-Concert eine Sinfonie von Hartmann in Copenhagen an deren Stelle treten. Diese habe ich in Partitur vor ein paar Tagen auf den Wunsch2 das Komponisten an Herrn Hofmeister in Leipzig geschickt3, nachdem wir sie hier zu großer Ergötzung der Kenner aufgeführt hatten.4 Ich fügte einige empfehlende Worte für Sie bey, da der Verfasser sehr wünscht, sie dort gegeben zu [wissen]. Ich wiederhole hier, daß mir seit vielen Jahren keine neue Sinfonie so sehr wie diese gefallen hat. Herr Hofmeister wird, wie ich glaube, die Stimmen besitzen; ist dieß nicht, so stehen die unsrigen zu Diensten.
Mit wahrer Hochachtung und Freundschaft stets ganz

der Ihrige
Louis Spohr

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Mendelssohn Bartholdy, Felix
Erwähnte Personen: Hartmann, Johan Peter Emilius
Hofmeister, Friedrich
Erwähnte Kompositionen: Hartmann, Johan Peter Emilius : Sinfonien, op. 17
Spohr, Louis : Fantasie über „Die Tochter der Luft”
Spohr, Louis : Sinfonien, op. 102
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen: Concerts spirituels <Wien>
Gewandhaus <Leipzig>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1837122811

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Mendelssohn an Spohr, 25.12.1837. Der nächste belegte Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Mendelssohn, 06.01.1838.

[1] Dieser Brief ist derzeit verschollen.

[2] Vgl. Johan Peter Emilius Hartmann an Spohr, 21.10.1837.

[3] Vgl. Spohr an Friedrich Hofmeister, 25.12.1837.

[4] Verhaltener die Kritik: „Sie gefiel grösstentheils und namentlich wegen vieler effektvollen Stellen, war aber im Ganzen doch zu lang. Dies verzeihn wir nur grossen Meistern“ (L., „Kassel, im Februar“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 40 (1838), Sp. 141ff. und 162f., hier Sp. 143).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (25.06.2020).