Autograf: nicht ermittelt
Abschrift: Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Frankfurt am Main (D-F), Sign. Mus. Autogr. L. Spohr C 3
Herrn Kapellmeister Spohr, und Herrn
Hauptmann in Kassel.
Verehrte Herren und Freunde!
Es ist Ihnen auf vertraulichem Freundeswege1 schon bekannt geworden, daß der hiesige Liederkranz im Juli nächsten Jahres ein großes Gesangesfest zu halten beabsichtiget, und bin Ihnen nicht abgeneigt zu sagen, dem ausgesprochenen Wunsch der gesammten Gesellschaft vorläufig Ihnen mitzutheilen sich gedrungen fühlte, zu entsprechen und das Fest mit neuen Kompositionen von Ihnen zu verherrlichen. Der schöne Plan soll nun ins Leben treten, die ersten Schritte sind gethan und es ist einem Comitté, besonders dazu ernannt, übertragen worden die nöthigen Geschäfte zu leisten. Der Ertrag von zwei zu gebenden großen Concerten, der nicht unbedeutend sein wird, soll die Grundlage einer Stiftung werden die den Namen Mozart-Stiftung führen soll und deren Zinsen zur Unterstützung armer junger, aber talentvoller deutscher Tonkünstler zum Behuf ihrer ferneren Ausbildung in ihrer Kunst und besonders in der Composition, verwendet werden sollen. Dieses kleine Saamenkorn, in gutes Erdreich geworfen, kann mit der Zeit eine schöne deutsche Eiche werden, und vielleicht zu einem deutschen Musik-Conservatorium heranblühen.
Überhaupt, daß ächt deutsche Tonkünstler, wie Sie sie, meine Herrn, theilnehmend und beifällig unsern Plan betrachten werden, erfüllen wir unterzeichnete gern den Auftrag des Comités, Sie zu bitten, daß jeder von Ihnen ein Werk zu unserem Gesangesfest schaffen und uns zur Ausführung überlassen möge. Diese Bitte ist sonst an keinen nicht in Frankfurt wohnenden Komponisten gestellt worden, als an Sie meine Hrn., zu deren Talenten wir das größte Vertrauen hegen, und wird, wenn Sie uns gütigst entsprechen wollen, an keinen ferneren gestellt werden. In der Hoffnung, daß Sie uns nicht mit einem: Nein betrüben und die Kunstfreunde um den Genius von zwei neuen vortrefflichen Tondichtungen bringen werden, erlauben wir uns hier noch den Bedingnisse beizufügen nach denen sich der Komponist zu richten hat, und die uns die Verhältnisse aller Art aufnöthigen.
I. Das Werk muß für Männerstimmen geschrieben seyn.
II. Es darf nicht länger dauern, als eine starke halbe Stunde.
III. Es muß auf große Massen berechnet, füglich populär und leicht auszuführen seyn.
IV. Der Komponist kann keine andere Begleitung wählen, als: Klarinetten, Waldhörner, Trompeten und Pauken, Fagotten, drei Posaunen und allenfalls ein Serpent oder Ophikleid. Von den oben benannten Instrumenten kann er freinen Gebrauch machen, sowohl von allen, als von einem Theil derselben. Die Saiten-Instrumente müßen, leider, wegen beschränktem Raum ganz ausgeschlossen bleiben. Doch könnte anstatt der beiden obigen zuletzt genannten Instrumenten ein Kontrabaß noch Platz finden. Von der Orgel kann kein Gebrauch gemacht werden, weil die Stelle wo die Sänger müssen plaziert werden, sich weit von derselben befindet.
V. Der Text muß einer Kirche entsprechend seyn, und da dies eine Hauptbedingniß des löblichen Kirchenvorstandes bei gegebener Erlaubniß zu Benutzung der Kirche ist, so bitten wir Sie, uns sogleich den gewählten Text einzusenden, um darüber dem Kirchenvorstand daß allenfalls Nöthige mitzutheilen.
VI. Die Komposition muß bis längstens Ende März 1838 in unsern Händen seyn.
Schließlich bitten wir Sie, nebst freundlichen Grüßen, die Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung zu genehmigen, womit wir die Ehre haben zu verbleiben
Verehrte Herren und Freunde!
Ihre ergebensten
Frankfurt am Main
den 20ten 10ber 1837.
Autor(en): | Liederkranz Martin, Gustav Friedrich Schnyder von Wartensee, Franz Xaver |
Adressat(en): | Hauptmann, Moritz Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | |
Erwähnte Kompositionen: | Spohr, Louis : Vater Unser, WoO 70 |
Erwähnte Orte: | |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1837122046 |
Vermutlich war das Autograf dieses Briefs wie der Brief vom 20.01.1838 vom Vorsitzenden Franz Xaver Schnyder von Wartensee und dem Sekretär Gustav Friedrich Martin unterschrieben.
[1] Vgl. Wilhelm Speyer an Spohr, 04.10.1837.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (16.01.2024).