Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Hochwohlgebohrener Herr
Insonders hochgeehrter Herr Doctor!
Ich kann mich noch von der Freude nicht erholen, die ich hatte, von Ew. Hochwohlgebohren mit einer Antwort v. 16. d. beehrte zu sehen; und wen uns von einer Seite, die Nachrichten, über der vernachläßigung meines Sohnes sehr schmerzhaft sage mußten, so finde ich wieder von der zweiten Seite die trostbringede Worte im Ihr sehr Geehrten, daß Sie Ihren heilsbringenden Schutz unserm Kinde in der Folge nicht versagen, u keine Ermahnungen sparen werden um daß er den Weg wandle, den Sie Hochverehrter Herr Doctor ihm vorschreiben. Es wird helfen; Sie werden sehen Herr Doctor, er wird anfangen sie in allem zu gehorchen, mein heutiger Brief und mein letzter besonders, werden wohl wirken1. Wen er hier wie ich sehe vernachläßigt (er hat beym Rector Elsner hier mehr wie ein Jahr Generalbaß gelernt, beynahe der beste Lehre in diesem Fache hier, wenigstens der Theuerste –) worden, u bey Herr Hauptmann keine Fortschritte macht, so ist dieß zwar sehr betrübens, aber kein Wunder, vielleicht ist es falsche Scham, oder vielleicht faßt er es nicht gut auf, oder vielleicht nimmt er zu wenig Stunden bey H Haupt. u weiß noch allein nicht zu arbeiten; daß er aber Ihre Lehre, Ihre Worte nicht folgt, dieß sezt mich in erstaunen. Seitdem er Ihre Schaffung hier zum ersten mal hörte, so wie in Cassel, äußerte er nichts anderes als: nur beym Doctor Spohr u bey keinem Anderen, will u wird er lernen. Nicht nach Wien wo ich viel Freunde habe wollte er gehen; nicht nach Dresden, wo ihm der von hier dort wohnende Banquier Schott auf eigne Kosten zu Haus(???) nehmen wollte, willigte er ein, nur zu Ihnen war sein Streben. In Cassel sagte er uns, ich werde den Doctor anbeten, daß Er mir mehr Unterricht gebe, u Ihn wie einen Gott gehorchen. Hier haben Sachkenner diese Anhänglichkeit an Ihre Lehre u Music, als ein Vorgreifen seiner richtigen Gefühle für das Erhabene in der Music beurtheilt. Und nun da er sein Streben erreicht hat, hört er auf Sie zu gehorchen, und spielt nicht das was Sie wünschen! In Erstaunen sagt was alle, diese Veränderung. Indessen wie gesagt: bey meinem Väterlichen Ermahnungen und Ihren heilsbringenden Vorstellungen, wird er gewiß anfangen zu folgen, und da Sie Hochverehrter Herr ihm außgezeichnetes Talent wirklich nicht abgesprochen so willige auch ich jetzt ihm darin ein, daß er nur bey der Music bleibe, und haben Sie Herr Doctor angefangen ihn zu schützen, und sein Talent zu heben, so verfolgen Sie es: Sie werden Edler Man! die Genugthuung haben eine rechtlich dankende Familie glücklich gemacht zu haben. Sie werden gewiß auch die Herren Hauptmann u Rüdinger anhalten daß sie nicht ermüden, und ihm freundlichst im Unterricht forthelfen. Ich nehme mir schlüßlich bis auch die Freiheit Herr Doctor zu bitten, mir von Zeit die Ehre u das Vergnügen einige Worte von Ihrer Hand zu sehen, nicht zu entziehen. Gebe der Himmel mir nur Gheit2 meine Erkenntlichkeit für Ihre Güte an den Tag bringen zu können. Vor dankend nehmen Sie die Versicherung meiner tiefsten Hochachtung u Ehrfurch an mit der ich bleibe ergebenst
PLandowski
Warschau 26/11 37.
Autor(en): | Landowski, Paul |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Elsner, Joseph Hauptmann, Moritz Landowski, Sigismund Martin Schott (Bankier in Wien) |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | Dresden Kassel Wien |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1837112640 |
Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Landowski, 16.11.1837. Der nächste erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Landowski, 22.01.1838.
[1] Sic!
[2] Wohl Abk. f. „Gelegenheit“.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (04.01.2022).