Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Bischoff, G.F.:10
Druck: Felicitas Marwinski, „Musik, das edelste Vergnügen ...“. Vom Collegium musicum zu Kantor Bischoffs Musikfesten. Musikkultur in Frankenhausen am Ende des 18. und zu Anfang des 19. Jahrhunderts, Weimar 2012, S. 89 (teilweise)
Herrn Hof-Capellmeister
Ritter Dr. L. Spohr
Hochwohlgeboren
zu
Cassel
d. freundschfl. Bes.
Sehr geehrter Freund!
Der Überbringer dieses, Herr Dr. ph. Firnhaber aus hier, bisher als Gymnasial-Lehrer zu Verden angestellt, jetzt aber als Erzieher der Kinder des Kurprinzen u Mitregenten nach Cassel berufen, wünscht bei Ihnen Zutritt zu erhalten, und hat mich deshalb um eine Empfehlung gebeten. Mit Vergnügen und gutem Gewissen kann ich diesem fein gebildeten und gelehrten jungen Mann auch besonders Ihnen empfehlen, da er ein sehr guter Solo-Tenor und überhaupt fester u angenehmer Sänger ist. So lange derselbe als Schüler das hiesige Andreanum frequentirte, war er zu jeder Zeit, erst im Sorpan u. Alt, dann im Tenor mein bester u erster Solo-Sänger und in der letztern Zeit seines Aufenthalts hier1 vor ½ Jahr war er die Hauptperson des sogenannten Hildesheimer Quartetts, welches sich bei den Liedertafel-Festen so ausgezeichnet hat. Sollten Sie bei irgend einer Aufführung sein Talent in dieser Hinsicht benutzen wollen; so wird er gewiß sich ein großes Vergnügen daraus machen, öffentlich bei vorkommenden Gelegenheiten aufzutreten.
Daß aus dem beabsichtigten Casselschen Musikfeste wahrscheinlich nichts wird, vermuthe ich fast. Theils habe ich gar keine Nachricht davon gehört und gelegesen, als was in der Musicalischen Zeitung stand; theils haben mich Göttinger Studenten, welche die jetzigigen Ferien hier sind, bestimmt versichert, daß die Proben bereits eingestellt wären, weil von Seiten der Regierung Hinderniesse sich deshalb gefunden hätten. Ein Elb-Fest wird auch nicht seyn dieses Jahr; wenigstens hat mir H. O.L.G.Rath Augustin aus Halberstadt geschrieben, daß er den Plan für jetzt wenigstens aufgegeben habe. Mein Wirken für die Musik hier wird durch immerfort währende Kränklichkeit, die mich seit dem unglücklichen Poststurz sehr gehemmt;
doch thue ich, was ich kann, und mein Andreanisches Schulchor – fast 100 Individuen stark – singt, was nehmlich bei den wenigen Stunden einstudirt werden kann, recht wacker. Leider ist dabei nur ein ewiges Anfangen! So bald ein guter Tenor oder Baß soweit ist, daß die Stimme fest u sonor wird, gehen die jungen Leute nach der Universität. So habe ich jetzt diese Ostern meinen 1sten Baß u 1sten Tenor zugleich verloren. Unser Orchester ist für eine Provinzial-Stadt gewiß ausgezeichnet zu nennen.
Entschuldigen Sie, Verehrter, diese schriftliche Störung!
Mit der Bitte, daß Sie meinen Empfohlenen, den Herrn Dr. Firnhaber Ihre Gewogenheit nicht versagen, mich selbst ein Bischen in freundlicher Erinnerung, unseren früheren Musikalischen Feldzügen wegen, behalten wollen, grüße ich Sie als
Ihr
Verehrer
G.F. Bischoff
Hildesheim,
d 2 April 1837.
Autor(en): | Bischoff, Georg Friedrich |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Augustin, Luther Firnhaber, Carl Georg |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | Hildesheim |
Erwähnte Institutionen: | Elbe-Musikfeste <wechselnde Orte> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1837040243 |
Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Bischoff an Spohr, 22.08.1836. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Bischoff an Spohr, 07.12.1837.
[1] „seines Aufenthalts hier“ über der Zeile eingefügt.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (22.04.2022).