Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Mühlhausen den 1. März 1837.

Wohlgeborener,
Hochgeehrtester Herr Kapellmeister!

Ihnen und dem verehrlichen Musikfestcomité statten die eingeladenen Mitglieder des hiesigen Gesangvereins (an der Zahl 21) ihren verbindlichsten Dank wiederholt ab für Ihre Güte und versichern, sich durch wackeres Einstudiren der Oratorien und kräftige Mitwirkung noch besonders dankbar zu erweisen!
Herzlich bedaure ich, daß auch Sie von der argen Grippe, an der hier gewiß ¾ der Bewohner gelitten haben, heimgesucht worden sind. Möge Ihre Gesundheit nun völlig wiederhergestellt sein und Ihnen die mancherlei Mühen bei Veranstaltung des hohen Kunstfestes erleichtern.
Auch hier meldeten sich nachträglich noch mehrere, allerdings sehr kräftige, Bassisten und Tenoristen, aber ich zeigte Ihre geehrte letztere Einladung vor – und sie waren beschieden.
Nur noch einige Proben habe ich zu halten, um Ihr schönes Oratorium ganz fertig und gut einzustudiren, worauf ich die Chöre auch unter Begleitung des Quartetts noch mehrmals durchnehmen werde, wozu ich die Stimmen geliehen habe.
Schön wäre es, wenn ich auch die Chöre zum Paulus, nachdem sie mit den Sängern eingeübt wären, mit dem Quartett einigemal begleiten lassen könnte, und ich möchte Sie, verehrtester Herr Doctor, alsdann um die Violinen- Viola- und Violoncello-Stimmen nur auf 14 Tage ersuchen, und würde sie dann sogleich wieder mit großen Dank zurücksenden. Oder könnten Sie schon jetzt eine Partie dieser Quartettstimmen nebst dem Klavierauszug und den 4 Singstimmen mir zusenden, so machte ich Ihnen doch leicht doppelte Mühe, und Sie mögen dann nur den Tag bestimmen, wann Sie die Quartettstimmen wieder zu haben wünschen. Präcis sollen sie zurückfolgen.
Herr Buchhändler Heinrichshofen läßt sich Ihnen empfehlen und Ihnen zu wissen thun, daß er sich ein großes Vergnügen daraus machen werde, die Bekanntmachung Ihres Musikfestes durch Versendung der Festprogramme der Subscriptionen, zu denen Sie ihm wohl Sch[???] nebst den Programmen senden werden, zu übernehmen. Von Braunschweig wurden 50 Programmen hieher geschickt; für Cassel, deswegen der Nähe von hier aus zahlreicher besucht werden wird, möchten wohl 60 bis 70 nöthig sein.
In Betreff Ihrer Anfrage wegen künftiger Violincellspieler erwiedere ich Ihnen, daß der hiesige Stadtmusicus Ose, der in meinen Conzerten die Dotzauerschen, Rombergschen und Merkschen Solopartien vorträgt und bei dem Halle ’schen Musikfest unter Spontini der 6. Solospieler gewesen ist, sich bereits erklärt hat, Ihrer gütigen Einladung als Solo- oder auch als Ripieno-Spieler folgen zu wollen. Außerdem kann ich noch als Ripien-Spieler als brav und tüchtig empfehlen den Herrn Tanzlehrer Grieser, einen sehr anständigen jungen Mann, der fortwährend ein Privatquartett zu seiner Uebung unterhält. Einen trefflichen Solospieler, der ebenfalls auf eigene Kosten höchst wahrscheinlich kommen würde, könnten Sie aus Langensalza erhalten, den Herrn Kreiseinnehmer Ruppius, welcher beim hiesigen Musikfeste als Solospieler mitwirkte. Eine Einladung von Ihnen schlüge er wohl schwerlich aus.
Endlich bemerke ich noch, daß H. Stadtmusicus Schollmeyer hierselbst, geneigt ist, eine Stelle bei der ersten, oder wenn diese schon völlig besetzt ist, bei der zweiten Violin1 zu übernehmen, falls etwas das Musikfeste wir hier schon verlautete, in den Tagen nach dem Pfingstfeste gefeiert würde. An den Pfingsttagen selbst würde derselbe aber hier nicht abkommen können. Er hat beim Cölner Musikfeste vor der 1. Violin gestanden.
Entschuldigen Sie gütigst, daß ich Ihnen dieses Schreiben unversiegelt zusende. Ich wollte wegen der Post mich und die Frau Kunstblumenfabricantin Röhrle (die Ueberbringerin des Briefs und Mutter einer der für das Musikfest bestimment Altistinnen) nicht in Verlegenheit bringen.
Könnten Sie die erbetenen Stimmen den 3. oder 4. dieses einpacken lassen und die Einladungen an die genannten Orchestermitglieder schreiben, so wird Madame Röhrle mit größten Vergnügen die Sachen und Briefe, welche ebenfalls offen sein können, an mich besorgen, und ich stelle die Schreiben genannten Herrn zu.
Herrn Heinrichshofens wegen wollte ich Sie noch ersuchen, gefälligst zu bestimmen, in welche umliegende Städte er keine Programme schicken soll, vielleicht Gotha, Eisenach, Erfurt, Sondershausen, wo Sie doch wahrscheinlich besondere Commissäre haben werden, besonders wegen der Subscriptionslisten. Ich würde vorschlagen, daß er Heiligenstadt, Worbis, Dingelstädt, Keula, Schlotheim, Sondershausen (wenn nicht H. Kapellm. Hermstedt selbst die Besorgung dort übernimmt) Langensalza, Weißensee, Tennstädt pp zu seinem Kreise machte.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung verharre ich

Ew. Wohlgeboren
ganz ergebener Beutler



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Beutler, 20.02.1837.

[1] „Violin“ über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (31.05.2021).