Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
 

Catlenburg am 2ten Februar 1837

Mein innigst verehrter Freund und Gönner!

Meine Frau bittet um die Erlaubniß, neben dem herzlichsten Dank für Ihr freundliches Schreiben vom 29sten Decbr. v.J., noch ein paar frische Würste präsentiren zu dürfen, von denen sie meint, daß sie wenigstens etwas besser gerathen seyen, als die Ihnen damals über meiner Abwesenheit in Reiffenstein gesandten. –
Letzteren Ortes habe auch ich schon in jenen Kranken-Tagen die Grippe abgemacht, welche sich die letzten 14 Tage - 3 Wochen nun dort wie hier in der ganzen Umgegend so allgemein verbreitet ist, daß fortwährend in fortlaufender Abwechslung 1/4-1/3 unseres gesammten Dienst Personale’s daran niederliegt, und unter anderem vor einigen Tagen alle 7 Aerzte der kleinen Stadt Osterode gleichzeitig davon ergriffen waren! –
Da wohl nicht zu bezweifeln ist, daß es in Ihrem reitzenden Cassel nicht viel anders damit stehe: so hoffe ich übrigens auch, daß diese merkwürdig allgemein verbreitete Krankheit auch dort sich so leicht und schnell abmacht, als es hier herum im Allgemeinen der Fall ist, und Sie auch in den Vorbereitungen zu den interessanten Oster-und Pfingst-Musikaufführungen nicht wesentlich dadurch gestört werden. –
Wenn es auch noch etwas lange hin ist: so steht doch der Plan schon bey mir fest, Vergnügsweise die Wallfahrt zu Ihrem Oratorio am Charfreytage sicher nicht zu versäumen! – wozu ich, – und ich hoffe noch in Begleitung meiner Frau, – in der Voraussetzung, daß die Haupt-Probe wieder am Grün-Donnerstag-Nachmittag statt finde, solchen Tages Morgens dort eintreffen werde; – oder falls zufällig das Theater am Mittwoche etwas interessantes darbringen sollte, auch schon Mittwoch vor dem Theater. –
Wie sehr ich mich zu diesem mir wirklich stets über jeden andern derartigen Genuß gehenden Aufführung eines Ihrer größeren Werke freue, vermag ich Ihnen gar nicht auszudrücken! –
Auch bin ich durch Ihre und Ihrer liebenswürdigen Frau Gemahlin große Gabe nun schon so verwöhnt, daß ich mich ebenso auch auf eine Wiederholung der wahrhaft virtuosen Ausführung Ihrer gehaltvollen Compositionen für Piano und Violin im voraus freuen zu dürfen glaube! –
Meine Frau empfiehlt sich Ihnen und mit mir Ihrer innigst verehrtesten Frau Gemahlin und Fräulein Tochter, – die wir auch schon im voraus um etwas von Ihrem geistvollen Gesang-Compositionen zu bitten uns erlauban, – auf das angelegentlichste. –
Mit dem herzlichen Wunsche, daß es Ihnen, mein innigst verehrtester Gönner! und allen Ihren Lieben auch in dieser allgemeinen Kränklichkeits-Epoche wohl und nach Wünschen gehe, unwandelbar

Ihr wärmster Verehrer
Lueder.

N.S.
Oft denke ich, die fatale Kammer1 macht Ihnen am Ende mehr Umstände, als die Wünsche werth sind! – Das ist nun aber ein Mahl nicht zu ändern! – und wir wissen doch, daß Sie dieses Braunschweig-Hannoversche National-Produkt lieben! –

Autor(en): Lueder, Christian Friedrich
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Lueder, Wilhelmine Henriette Caroline
Spohr, Marianne
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Katlenburg
Osterode
Reifenstein
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1837020235

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Lueder, 29.12.1836. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Lueder an Spohr, 06.05.1837.

[1] Speisekammer für die übersandten Würste?

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (26.11.2020).