Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Mühlhausen den 29. Jan. 1837.
Wohlgeborner Herr,
Hochgeehrtester Herr Kapellmeister!
Ihr verehrliches Schreiben vom 18. Januar, in welchem Sie den hiesigen Gesangverein mit der gütigen Einladung zur activen MItwirkung bei Ihrem dießjährigen Musikfeste beehrten und mir zugleich das Vertrauen schenkten, durch tüchtige Einübung Ihres herrlichen Oratoriums, so wie das wir aus Recensionen nur bekannten Paulus, von Mendelssohn, ein Scherflein zu dem gewiß glanzvollen Casseler Musikfeste beitragen zu können, hat mich außerordentlich erfreut, und ich fühle mich Ihnen dafür aufs herzlichste verpflichtet, indem ich Ihnen zugleich die feste Versicherung gebe, zur Förderung Ihres großen Unternehmens Alles beizutragen, was meine schwachen Kräfte nur vermögen.
Ihrer gütigen Einladung zu Folge haben sich von dem hiesigen Gesangverein 5 Sporanisttinen (Fräulein Ringleb (ältere) Bader, Kilian, Hildebrand und meine älteste Tochter) 6 Altstimmen (Bader(???) Beutler (meine jüngste Schwester) Frl Ringleb (jüngere), Klinkerfuß, Schmidt, Röhrle und Barlesius(???) 4 Tenoristen (Kleeberg Cand. theol. Aldenauer Cand. theol. Kleinschmidt (Steinauer)(???) und ich selbst) und 6 Bassisten (Hauptlehrer Franke, Bötticher Cand. theol., Ringleb Cand. theol., Bader, Referendarius, Hafler Kaufmann und Weißenborn, Chorpräfect) zur dortigen Mitwirkung und Selbstbestreitung der Reisekosten bereit erklärt, wenn sie nach Ihrer gütigen Zusicherung von dem verehrlichen Comité frei logirt und bewirthet werden während des Festes selbst.
Gern hätte ich Ihrem Wunsche gemäß den Alt noch stärker besetzt, aber wegen häuslicher Hindernisse konnten die übrigen Altistinnen keinen Antheil nehmen.
Indessen glaube ich Ihnen in dieser Beziehung mit Zuversicht eine Verstärkung empfehlen zu können durch den Singverein in Heiligenstadt, auf dessen Director, den Lehrer Ludewig, Sie Sich getrost verlassen können, daß er durch tüchtige Einübung sich Ihres Vertrauens gewiß würdig machen würde. Ich kenne seine Leistungen genau1 und auch mein Freund Heinroth in Göttingen hat ihm seinen Beifall gezollt.
Ferner hätte ich gern, um Ihrem Comité Kosten zu sparen, auf Anschaffung der aufzuführenden Oratorien angetragen bei unserm Vorstande, allein die Vereincasse ist jetzt so erschöpft, daß mir die möglichste Sparsamkeit zur strengen Pflicht gemacht worden ist.
Darum sind wir genöthigt, Sie um gütige Zusendung zweier Klavierauszüge zu den Oratorien und um die nöthigen Singstimmen, welche ganz unversehrt zurückfolgen sollen, zu ersuchen. Den Klavierauszug zu den letzten Dingen besitze ich zwar selbst, habe ihn aber nach Langensalza verliehen und bis jetzt nicht wiederbekommen können. Sollte ich ihn bald wieder erhalten, so werde ich den von Ihnen mir zugeschickten sogleich zurück oder an den Ort schicken, den Sie mir gefälligst bezeichnen mögen, vielleicht nach Heiligenstadt.
Ihrem verehrlichen Comité schlage ich unmaßgeblich vor, den Vorstand unseres Musikvereins zur Verbreitung Ihres wohl bald erscheinenden Festprogramms und zur Subscriptionsammlung hier und in Langensalza pp zu ersuchen, oder insbesondere etwa den Buchhändler Hn Heinrichshofen der die beste Gelegenheit nach allein Himmelsgegenden zu diesem Zwecke hat und dieß Geschäft auch für das Braunschweiger Musikfest besorgte.
Das schöne Cassel mit seinem Einzigen Musikheros, die schöne Pfingstzeit werden unstreitig das bevorstehende Fest der Musen zum glänzesten und besuchtesten unter allen bisherigen machen; denn wo man hinhört, spricht schon Alles von Ihrem Musikfeste. Nur Freund Heinroth in Göttingen nach seinem letzten Briefe vom 2 Juli dieses scheint noch wenig Hoffnung auf Realisirung des Festes zu haben; vor 14 Tagen hatte ich bei ihm nachgefragt, ob er vom Casseler Musikfeste noch nichts Näheres wisse.
Der Einladung Ihres verehrlichen Comités sehe ich nun mit großer Freude entgegen, so wie der gleichzeitigen Uebersendung der Stimmen um die Einübung sogleich zu beginnen.
Hätten Sie, Hochverehrter, mir über eines oder das andre der Chöre sowohl in Ihrem als in Mendelssohns Oratorium einen oder den andern Wink zu geben, damit der Vortrag ganz nach Ihrem Sinn und Wunsch bei meinem Chörchen gedeihe, so bitte ich sehr darum.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung verharre ich, Ew. Wohlgeboren schließlich noch den wärmsten Dank und die besten Wünsche für das Gelingen Ihres schönen Unternehmens von Seiten unseres Gesangvereins, der sich Ihnen ganz besonders empfiehlt, mittheilend,
Ew. Wohlgeboren
ganz ergebenster
B.Fr. Beutler
Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Beutler, 18.01.1837. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Beutler an Spohr, 13.02.1837.
[1] Der Gesangverein von Heiligenstadt hatte bereits 1833 beim Musikfest in Mühlhausen mitgewirkt („Musikfest zu Mühlhausen in Thüringen am 10ten, 11ten und 12ten October“, in: Allgemeine musikalische Zeitung 35 (1833), Sp. 733-738, hier Sp. 734).
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (31.05.2021).