Otto Gerke an Louis Spohr in Kassel

Sr. Wohlgebohren
dem Herrn D^r Louis Spohr.
Kurfürstl. Hess. Hof-Kapellmeister
in
Cassel.¹


Werthgeschätzter Herr Kapellmeister.

Gleich nach Empfang Ihrer geehrten Zuschrift begab ich mich zu² mehreren Musikfreunden, um dieselben von Ihrem Vorhaben in Kenntniß zu setzen. Diese zweifeln aber so wenig als ich an dem günstigen Erfolg, daß es mir gelingen werde, wenn auch eine kleine aber doch auserlesene Schaar von tüchtigen Dilettanten für den Chor zu gewinnen. Jetzt, wo bereits der Hansnarr zum bevorstehenden Carneval schon hier sein Unwesen treibt, ist es rathsam, die beabsichtigte Einladung noch nicht abgehen zu lassen; Sie wollen mir daher gütigst eine Aufschub bis nach beendetem Carneval gönnen, dann bin ich gewiß, daß ich die Einladung glücklich ausführe. Zwar werde ich viele Vorurtheile zu bekämpfen haben, da es den Eltern nicht einleuchten will, ihre Töchter oder Verwandten ohne Obhut allein nach einem fremden Orte reisen zu lassen, ohne zu wissen, wie und wo sie dort ihr Asyl finden, doch hoffe ich das Beste, da die Dilettantinnen von Ihrer Einladung sehr erfreut sind. Nehmen Sie die Versicherung, daß ich Alles aufbiete, was in meinen Kräften steht um Ihrer Aufforderung zugenügen und mich glücklich fühlen werde, wenn es mir gelingt Ihre Zufriedenheit erworben zu haben.
Hochachtungsvoll empfiehlt sich Ihnen
Ihr

stets ergebener
Otto Gerke.

Paderborn den 21^ten Januar 1837.