Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hochverehrtester Herr Doctor und Capellmeister
Theuerster Freund!

Mit den herzlichsten Dank für Ihr Güte, erfolgt hernebst die Partitur des schönen Concertinos. Großes Vergnügen hat es mir gewährt, als mein Wilhelm diese schöne Composition probierte; da hört und fühlt man doch eine schöne Anlage und Durchführung der Idee und Empfindung, ein festhalten des Edlen und Gedigenen, ein Concertstück wie in einen Guß, das heißt für Herz und Geist componierend. Wenn auch der große Hauffen von Zuhörern, nicht durch Händegeklatsch und Maulaufsperen; wie bey lehren, schalen Ohrengeklingeln, seinen Beifall ertönen läßt, so ist dies gerade der größte Beweis, für die höchst mögiche Gediegenheit. Ihr zweytes Doppelconcert, und die letzte große Sinfonie hörte ich mit vieler Freude. Die Vorsehung möge Ihnen, zu nutzen und frommen der Kunst, noch eine lange Lebensdauer vergönnen. Möge der Allgütige, auch meine Lebenstage längeren(?), damit ich nächsten Frühjahr, die Ehre haben, Ihre werthe Frau Gemahlin, von welcher ich so viel gutes und liebes hörte kennen zu lernen; so wie meinen allerwehrten Freunde, meine Hochachtung und aufrichtige Liebe nochmahls mündlich zu beweisen.
So eben ersehe ich in der Didaskalia1, daß Sie gute Sänger suchen, bin daher so frey, Sie auf eine Demoiselle Hagedorn aufmerksahm zu machen, die hir leider nur eine Partie gab, aber eine so schöne Stimme, verbunden mit edler Gesangmethode besitzt, wie ich sie lange nicht gehört habe: sie ist gegenwärtig in Deßau bey Bethman, und vielleicht für ein billiges Honorar zu erwerben.
Mein Schwester Sohn2, deßen Sie sich, wegen seiner körperlichen Größe noch erinnern werden, macht mir viele Freude! er spielt schon jetzt beßer wie meines Bruderssohn3, auch gediegener als mein verstorbener Bruder Fritz. Die Harmonie, nebst doppelten Contrapunct hat er völlig beendiget. Einige variirte Thema für Clavier, als auch für die Geige sind so gelungen, daß ich die Hoffnung hege, er wird für die Folge auch in der Composition waß gutes leisten. Ich habe ihn das weitere Variiren verbohten, stadt deßen soll er nun erst heidnische, dann mozartsche, und Beethofische, darnach von Ihren Quattetten4 in Partitur schreiben. Ich glaube daß dies für einen jungen Menschen die beste Lehre ist.
Hirüber, mögte ich ihren gütigen Rath und Weisung erbitten. Er spielt auch Clavier und Orgel, jedoch soll die Geige sein Hauptinstrument bleiben.
Hat der ehrliche Heilmann seine Probe bestanden, sind Sie mt seinen Leistungen zufrieden gestellt; oder hat er sich im Spiel vernachläßiget.
Grund, läßt sich Ihnen bestens empfehlen. Seinen Posten als Capellmeister versieht er bestens; zum Componiren hat er kein Sitzfleisch. Nohr, hat wieder eine neue Oper zu tage gefördert, der Text ist von den Dichter aus Dresden welcher Ihnen die Jessonda schrieb. Als Director, ist der Graf Han, mit seiner Banda hir auf fünf Monath in Accord; das singende Personahl ist _. ____.
Mit jeden Tage, sieht man neuen Singmaschienen entgegen. Der Himmel beßre es!
Ihrer letzten großen Simphonie5, läßt man aller Orten Gerechtigkeit wiederfahren, ich frage weßhalb, weil Sie es den Menschen, durch die Zugabe des Gedichtes so bequem gemacht haben, daß6 sie nur zu lehsen brauchen, waß Sie in Tönen gegeben haben. So, weiht gemächlich, also recht mit der Nase darauf gestoßen, weill es die jetzige Welt. Ich schließe nun mit der Bitte, mich Ihrer Hochverehrten Familie bestens zu empfehlen, und verharre mit der vollkommensten Hochachtung, als

Dero
aufrichtigster Diener u. Freund
W. Bärwolf.

Meiningen d 23t Novbr.
1836.



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Bärwolf an Spohr, 09.11.1835. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Bärwolf an Spohr, 01.04.1838.

[1] Noch nicht ermittelt.

[2] Wilhelm Happ.

[3] Johann Ludwig Wilhelm Bärwolf.

[4] Sic!

[5] Die Weihe der Töne.

[6] Hier ein Wort gestrichen.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (23.07.2020).