Autograf: Lippische Landesbibliothek Detmold (D-DT), Sign. Mus-h 17 S 3
Druck: Otto von Meysenbug, „Beiträge zur Geschichte musikalischen und theatralischen Lebens in Detmold”, in: Mitteilungen aus der lippischen Geschichte und Landeskunde 3 (1905), S. 177-204, hier S. 180

Cassel den1sten
Sept. 1836.

Wohlgeborner Herr,

Einem jungen Mann, wie Sie ihn wünschen1, der gut Violine spielt (er ist seit 2 Jahren2 mein Schüler und wirkt seit dieser Zeit auch im Orchester mit) und ebenfalls gut Clarinette bläst (er ist seit 5 Jahren als Clarinettist bei der Garde) Namens Heisterhagen3, etwa 20 - 22 Jahr alt, habe ich Ihren Antrag mitgeteilt und er ist gern erböthig, unter den von Ihnen gestellten Bedingungen nach Detmold zu gehen, da er hier bei der großen Einschränkung, die beym Orchester und bey der Gardemusik stattfindet wenig Aussicht zur Verbesserung hat, allein er fürchtet, daß man ihn vor nächstem April nicht werde gehen lassen, obgleich er schon 2 Jahre über die gesetzliche Zeit gedient und keinen schriftlichen Accord mit dem Regiment gemacht hat. Er glaubt er werde allein auf Fürsprache von dort, wenn eine solche beim Kriegsminister, Herrn von Losberg4, oder beym Cheff des Garderegimentes, Herrn von Bockum5, stattfinden könne, schon diesen Herbst loskommen und es fragt sich nun, ob Sie eine solche veranlassen können?
Indem ich hierüber sowie über die Sache selbst Ihren fernern Mittheilungen entgegensehe, unterzeichne ich Hochachtungsvoll

Ew. Wohlgeb
ergebenster
Louis Spohr

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Kiel, August
Erwähnte Personen: Altenbockum, Carl Ferdinand von
Heisterhagen, Wilhelm
Loßberg, Friedrich Wilhelm von
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Detmold
Kassel
Erwähnte Institutionen: Hautboistenkorps <Detmold>
Hofkapelle <Detmold>
Hofkapelle <Kassel>
Musikkorps des Leibgarderegiments <Kassel>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1836090108

https://bit.ly/

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Kiel an Spohr. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Kiel an Spohr, 08.02.1837.

[1] Offensichtlich wurde auch in Detmold ein Musiker gesucht, der als Geiger in der Hofkapelle und als Klarinettist im Hautboistenkorps mitwirken konnte (vgl. Richard Müller-Dombois, Die Fürstlich Lippische Hofkapelle. Kulturhistorische, finanzwirtschaftliche und soziologische Untersuchung eines Orchesters im 19. Jahrhundert (= Studien zur Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts 28), Regensburg 1972, S. 54ff.).

[2] Demnach ist an dieser Stelle die Schülerliste, die Heisterhagens Unterrichtsbeginn nicht auf 1834, sondern auf 1836 datiert, ungenau (vgl. C.B., „Verzeichnis der Schüler Louis Spohrs”, in: Niederrheinische Musik-Zeitung 7 (1859), S. 150ff., hier S. 151).

[3] Demnach kann Heisterhagen noch nicht seit 1835 Mitglied des Theaterorchesters in Bern gewesen sein (vgl. Chris Walton, Richard Wagners Zürcher Jahre 1849-1858 (= Neujahrsblatt der Allgemeinen Musikgesellschaft in Zürich 184), Zürich 2000, S. 29),

[4] Seit Mitte des Jahres war Friedrich Wilhelm von Loßberg kurhessischer Kriegsminister (vgl. Kurfürstlich Hessisches Hof- und Staatsbuch auf das Jahr 1837, Kassel 1837, S. 80).

[5] Offensichtlich ein Schreibfehler Spohrs; der Kommandeur des Leib-Garde-Regiments hieß Carl Ferdinand von Altenbockum (vgl. ebd.). Möglicherweise war Spohrs Fehler durch den ähnlich klingenden Namen des Leiters des Musikkorps Bochmann beeinflusst.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (22.06.2016).

Wohlgeborner Herr! Einem jungen Mann, wie Sie ihn wünschen, der gut Violine spielt (er ist seit 2 Jahren mein Schüler und wirkt seit dieser Zeit auch im Orchester mit) und ebenfalls gut Clarinette bläst (er ist seit 5 Jahren als Clarinettist bei der Garde) Namens Heisterhagen, etwa 20 - 22 Jahr alt, habe ich Ihren Antrag mitgeteilt und er ist gern erböthig, unter den von Ihnen gestellten Bedingungen nach Detmold zu gehen, da er hier bei der großen Einschränkung, die beym Orchester und bey der Gardemusik stattfindet wenig Aussicht zur Verbesserung hat, allein er fürchtet, daß man ihn vor nächstem April nicht werde gehen lassen, obgleich er schon 2 Jahre über die gesetzliche Zeit gedient und keinen schriftlichen Accord mit dem Regiment gemacht hat. Er glaubt er werde allein auf Fürsprache von dort, wenn eine solche beim Kriegsminister, Herrn von Losberg, oder beym Cheff des Garderegimentes, Herrn von Bockum, stattfinden könne, schon diesen Herbst loskommen und es fragt sich nun, ob Sie eine solche veranlassen können?
Indem ich hierüber sowie über die Sache selbst Ihren fernern Mittheilungen entgegensehe, unterzeichne ich Hochachtungsvoll

Ew. Wohlgeb ergebener Louis Spohr