Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. Ms. Hist. litt. 15[513
Beleg: Auktion Swann Auction Galleries, New York 03.11.2011, Los 227 [Invaluable]

à Monsieur,
Monsieur Thos Barker
Thirkelby, Thirsk,
Yorkshire
England.1


Cassel den 14ten Januar
1836.

Hochgeehrtester Herr,

Ihr geehrtes Schreiben hat mir große Freude gewährt, weil es mir die briefliche Bekanntschaft eines Mannes verschafft, der mein Instrument so leidenschaftlich zu lieben scheint. Ich kann daher nicht genug beklagen, daß mir im nächsten Sommer die Freude nicht zu Theil werden kann, Ihre persönliche Bekanntschaft in London zu machen, da ich nicht die Absicht habe, eine Reise dorthin zu machen, dazu auch den nöthigen Urlaub nicht erhalten würde. Vieleicht entschließen Sie sich aber einmal mit Ihren Fräulein Töchtern eine Rheinreise zu machen, was jetzt auf den Dampfschiffen so leicht auszuführen ist, und kämen alsdann auf einige Tage nach Cassel! Die Reise hieher sollte Sie nicht gereuen. Ich würde Ihnen unsere reitzenden Umgebungen, besonders das paradiesische Wilhelmshöhe zeigen und für jeden Abend eine Musikparthie veranstalten. Sie würden ein gut eingeübtes Quartett von mir und meinen musikalischen Freunden hören.
Was Sie mir von den Violinstudien Ihrer Fräulein Tochter erzählen, hat mich im höchsten Grade interessirt und ich freue mich sehr, daß ihr meine Violinschule dabey von einigem Nutzen gewesen ist. Wenn sie fortfährt, die Übungsstücke und die beyden Concerte streng nach der Vorschrift zu studieren, so wird sie sich nach und nach ganz meine Methode aneignen und dann auch meine übrigen Violinkompositionen, Concerte, Soloquartetten, Porpourris u.s.w. im Geist der Kompositionen vortragen lernen. – Die mir gütigst mitgetheilte Improvisation für die Violine zeigt ein ausgezeichnetes Talent für diese Kompositionsgattung und wenn Ihre Fräulein Tochter dieselbe, wie sich’s gehört, spielen kann, so ist nicht blos die technische, sondern auch die ästhetische Ausbildung ihres Spiels sehr weit vorgeschritten. Ich wünsche Ihnen Glück zu einer so talentvollen Tochter!
Über Ihre Bemerkungen zu meiner Violinschule, so wie über manchen andern Punkt Ihres lieben Briefs können wir uns vielleicht einmal mündlich unterhalten, wenn Sie, wie ich es wünsche, eine Excursion nach Deutschland machen; denn schriftlich läßt sich dergleichen nicht gut und ohne Mißverständnisse behandeln. Empfangen Sie daher nur noch meinen Dank für Ihre liebe Zuschrift und die Versicherung der ausgezeichnetst[en] Hochachtung, mit der ich die Ehre habe zu seyn

Ihr
ergebenster Diener
Dr. Louis Spohr.
Kurfürstlicher Hofkapell-
meister.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Barker, Thomas
Erwähnte Personen: Barker, Laura
Erwähnte Kompositionen: Barker, Laura : Duos, Vl Kl
Spohr, Louis : Violinschule
Erwähnte Orte: London
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1836011414

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Barker an Spohr, 04.02.1836. Barker beantwortete diesen Brief am 04.02.1836.

[1] Über und unter dem Adreßfeld befinden sich die Poststempel: „FPO / JA 21 / 1836“, „Cassel / 13 Jan 1836“ und „Z / JA 21 / 1836“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (08.12.2023).