Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sr Hochwohlgeboren
Herrn Hofkapellmeister Dr.
Louis Spohr,
Ritter des goldnen Löwen-Ordens
in
Cassel

durch Herrn Domorganist
Klein überreicht.


Oldenburg, d 23. Nov. 1835.

Hochverehrter Gönner und Lehrer!

ich hoffe Sie werden mir nicht zürnen, wenn ich mir erlaube, Ihnen, in dem Ueberbringer dieser Zeilen Herrn Klein, einen vortrefflichen Klavierspieler, vorzustellen, und den selben Ihrem Wohlwollen bestens zu empfehlen. Sein schönes Spiel und sein glühende Liebe, mit welcher er der Kunst ergeben ist, haben wir denselben recht werth gemacht. Zugleich gehört er mit ganzer Seele zu den Verehrern meines großes1 Lehrers – und daher erfüllte um so lieber seinen Wunsch und ertheilte ihm dieses Schreiben.
err Kl. ist seit einigen Jahren in Osnabrück angestellt, wo er die Stelle eines Domorganisten bekleidet.2 Seit seiner Anstellung daselbst erfreut sich die Musica(?) in Os. eines neuen Lebens. Sein reger Eifer und ernstes Streben, den mus.3 Sinn für das edle und große in seinem dortigen Kreise zu wecken und zu beleben, wird allgemein anerkannt. Da ich im Besitz aller Partituren Ihrer Symphonien und Ouverturen bin, so habe ich ihm versprochen in der Folge ihm diese zu seinen Concerten zu leihen. Noch gestern hielt ich die 2. Probe Ihrer 3t Symphonie, welche ich im 2. Abonement-Concerte nebst Ihrer neuen Doppel-Concertante in H moll aufführen werde; jedoch werde ich bis zum nächsten Concerte noch 3 Proben von diesem Riesenwerke halten. Alle meine Capellisten sind von dieser Tonschöpfung hingerissen, und ich sehe einem guten Ausgange entgegen. In dem 1t Abonnement-Concerte führte ich die Ouverture zum Faust auf, welche trefflich ging und großen Beifall fand. In diesem Winter vorzuführen. Es findet hier wenigstens keine öffentliche Aufführung(???) statt, worin keine Piece von Ihnen gemacht würde, und mein Publicum weiß es mir alle Zeit Dank. -
Ihr Oratorium habe ich leider außer der ersten Nummer nur erst am Clavier durchgehen können. Ich habe die Absicht, selbiges zuvor mit der Elite des Singvereins einzustudiren4, vermutlich auch schon begonnen habe, und dann, nachdem wir es dem Gesammtverein vorgetragen haben werden, damit im Singvereine zu beginnen.
Das Honorar für sämtliche 6 Exemplare, habe ich sogleich nach Empfang der Noten zur Post unter Ihrer werthen Adr. gegeben, und zweifle auch nicht, daß es angelangt sein wird.
Indem ich schließlich mich Ihres fernern Wohlwollen bestens empfehle, zeichne ich mich wie immer

Ihren dankbarsten Schüler
August Pott.

Autor(en): Pott, August
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Klein, Carl
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Faust
Spohr, Louis : Des Heilands letzte Stunden
Spohr, Louis : Konzerte, Vl 1 2 Orch, op. 88
Spohr, Louis : Sinfonien, op. 78
Erwähnte Orte: Oldenburg
Osnabrück
Erwähnte Institutionen: Gesangverein <Oldenburg>
Hofkapelle <Oldenburg>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1835112337

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Pott an Spohr, 19.01.1835. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Pott an Spohr, 19.05.1839.

[1] Sic!

[2] Die Einstellung als Domorganist erfolgte erst am 06.08.1834 (vgl. Franz Bösken, Musikgeschichte der Stadt Osnabrück. Die geistliche und weltliche Musik bis zum Beginne des 19. Jahrhunderts, Regensburg 1937, S. 115).

[3] „mus.“ über der Zeile eingefügt.

[4] Sic!

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (17.11.2020).