Wilhelm Jakob Maas an Louis Spohr in Kassel

Hochgeehrter Herr Hofkapellmeister!

Nach langer Unterbrechung wird mir wieder die Freude zu Theil mich mit Ihnen schriftlich unterhalten zu können. Seit meiner lezten Zuschrift hat sich hier manches verändert und leider ist, wie Sie wissen, unser gemeinsamer Freund Frey nur zu früh verstorben. Sein Verlust war uns lange fühlbar, bis endlich im Sept 1834 Lachner von Wien hieher engagirt war, und dem MusikWesen zu gleich eine ganz andere, sehr wohlthätige Gestalt verlieh.
Seit diesem Wechsel freut es mich wieder recht sehr, so recht in der lieben Tonkunst leben und geniesen zu können, denn noch nichts wird unter diesem Namen mangelhaft oder übereilt gegeben, weil er als Selbst-Componist das wahre Heiligthum der Musik im Innern trägt und nichts Unwürdiges duldet. So haben Oper und Concert hier eine Gestalt angenommen, über die der alte Romberg kürzlich selbst erstaunt war. Mich freut es unter diesen Umständen recht sehr, Zeit Lebens an Mannheim gebunden zu sein, da Lachner ebenfalls das ihm angebothnen Lebenslängliche Engagement hier angenommen hat, und also für die Zukunft nur Erfreuliches zu erwarten ist. Nun zur Sache: Sie übersandten Lachner kurz vor seiner Abreise nach Wien, wo er noch 14 Tage sein wird, jene 7. Exemplare Ihrer Herrlichen Oratoriums, (nebst einem FreyExemplar für ihn), welche bey ihm subscribirt waren, und da er nicht mehr Zeit hatte sich der Sache anzunehmen, so trug er mir diese [???] auf, die ich für Sie herzlich gern übernehme. Ich sandte den Subscribenten die Exemplare und theilte das mir von Lachner angegebene Porto in 7 Theile aus, worauf L. seine Auslage dafür zurück erhielt und Sie erhalten nun hiebey für sieben Exemplare
Vierzig Neun Gulden (a 7 fl. per Exemplar.)
worüber ich mir eine EmpfangsBescheinigung erbitte um Sie L. bey seiner Rückkunft vorlegen zu können. Nach der fl. Beylage fragt Herr fragt Herr Schüssler Vorst. des hiesigen Musik Vereins an: „was der Verein darauf legen müsste, um gegen den Cl. Auszug die Partitur, Orchester und Gesangstimmen von Ihnen zu erhalten“¹. Der Verein zählt an 100 Mitglieder und wünscht wahrscheinlcih dieses Werk aufzuführen. Sollte es nicht zu hoch kommen, so wünschte ich noch dass wir es in unsere grosse musikalische Academie im grossen Saale aufführen könnten und zwar so grossartig als im verfl. Winter Lachners Oratorium die 4 Menschenalter, mit einem Personale von circa 150 Personen. Ihre neuste Sinfonie kauften wir auch für diese Academie an, und geben sie jedenfalls diesen Winter, da wir sie schon probirten und Sie Ihnen aufführen wollten, wenn Sie, wie es hies, diesen Sommer hieher gekommen wären. Dieses Werk „Weihe der Töne“ heißt es, weiht Sie abermahls zum Heroen unserer Componisten.
Indem ich nun hoffe und wünsche, dass Sie mit meiner Hesorgung zufrieden sind, schliese ich diese Zeilen mit dem Wunsche eine baldige Nachricht von Ihnen zu erhalten, und wünsche Ihnen ferner die beste Gesundheit, ein stetes Wohlergehen und den richtigen Ausfluss Ihres Genius in noch recht vielen Compositionen, und bitte nun die Erhaltung Ihres fernern Wohlwollens der ich zu sein die Ehre habe

Ihr
ganz ergebener
J. Maas
G.H. Hofmusikus
1^t Oboespieler vom
Hoftheater das.

Mannheim den 2. Nov 1835.