Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Kleinwächter,L.:04

Prag den 9. September 1835.
 
Hochverehrter Herr!
 
Dringende Geschäfte früher, und später eine längere Abwesenheit von hier hinderten mich, Ihnen die Resultate meiner Subscription bis itzt mitzutheilen. Ich habe alle mir zu Gebote stehenden Mittel aufgewendet, um den Erfolg so günstig als möglich hervorzubringen, und schmeichle mir mit der Hoffnung, Sie das Resultat für eine Provinzialstadt und mit Berücksichtigung des allerdings relativ kleinen Oratorien-Publicums nicht zu unbedeutend finden werden. Die Zahl der verkauften Exemplare ist nachstehend verzeichnet:
 
durch meine eigne Aufforderung 13
durch die Musik-Handlung Marco Berra 6
durch den Gesanglehrer W. Horak 6
durch den Lehrer an der Orgelschule Führer 6
3 Freiexemplare
Summa 31 und 3 Freiexempl.
 
Wie sich schon in meinem letzten Schreiben angab, glaubte ich nicht gegen Ihr Interesse zu handeln, wenn ich Subcollectanten aufnahm, die Stadt ist zu groß, als das mir alle Absatzquellen zugänglich sein könnten, und namentlich wäre der Absatz auf dem Lande nicht anders als auf dem bezeichneten Wege erzielbar gewesen. Die 3 Freiexemplar müßten natürlich zugestanden werden, dz1 bei den von mir verkauften 13 Exemplaren die Freiexemplare durchaus wegfallen, versteht sich von selbst. Außer diesen oben erwähnten 34 Exemplaren wünschte aber die hiesige Musikhandlung von Marco Berra noch 10 Exemplare in Commission. Berra geht in seinen Geschäften gern ganz sicher und nimmt wie mir scheint – darum das meiste seines Lagers nur auf erwähnte Weise an. Sollten Sie geneigt sein, seinem Wunsche zu willfahren, so versicherte Berra mit Zuversicht, dz er diese Zahl sicher und bald zu verkaufen, und wohl wahrscheinlich die Bestellung erneuern zu können gedenke. Auch von Ihrem frühern Oratorium „Die letzten Dinge“ wünschte die erwähnte Musikhandlung der vielen Nachfrage wegen gerne 5-6 Exemplare in Commssion. Ich glaube übrigens, dz Sie bei Uiberlaßung dieser Exemplare in Commission nichts risquiren können, denn die Handlung ist als solid am hiesigen Platze bekannt, auch gleich ich allerdings, das erst später die Nachfrage bedeutend steigen dürfte, nachdem das Werk hier zu Gehör gebracht werden sein wird.
Für Ihr großmüthiges Anerbieten, der hiesigen TonkünstlerSocietät eine Partitur-Abschrift überlaßen zu wollen, muß ich Ihnen im Namen meines Vaters und aller Vorsteher dieses Institutes, so wie auch im eignen und im Namen aller Verehrer Ihrer Muse die Sie hiedurch beglücken, ungemein und herzlichst danken. Ihr humaner Antrag ward mit dem größten Vergnügen angenommen, und feierlichst versprechen das Werk nächstens mit sorgfältigster Einuibung, mit Aufwendung aller Kraft, und ganz so wie es aus den Händen seines Schöpfers hervorging aufzuführen. Er wird daher ergebenst ersucht, die Copiatur gefälligst besorgen laßen zu wollen, die Gebühr wird pünktlich berichtigt werden. Wie sehr ich mich freue, dieß Werk zu hören, kann ich gar nicht beschreiben, umso mehr itzt, wo wir Ihrer menschenfreundlichen Gesinnung insbesondere zum Danke verpflichtet sind. O‘ wie wohl, wie ungemein wohl thut es, in dem gefeierten Dichter zugleich dem Menschen im engern Sinn des Wortes verehren zu können!
Wenn die Auflage bereits zur Versendung bereit liegt, so ersuche ich nun möglichst baldige Uiberschickung der specificirten Oratorien-Exemplare da schon darnach begierig verlangt wird. Senden Sie gefälligst das Paquet nur unter der Adresse der Musikhandlung von Marco Berra in Prag her ab; es kommt dann sicher in meine Hände, und die Leute wißen dann mit der Freimachung im Zoll- u Censur-Amte udgl. besser umzugehen, als ich. Am besten wäre es, wenn Breitkopf und Härtl das Pacquet gleich an den ihnen bekannten Commisisonär von Berra in Leipzig übergäben, der dann die Hersendung besorgt.
Was die Partitur anbetrifft, so ist es am sichersten, dieselbe directe an die Tonkünstler-Wittwen- und Waisen-Socität in Prag zu adressiren; derlei Dinge sind nicht gut bewahrt in den Händen von nachdruckenden Verlegern.
Ich werde zugleich um eine genaue Spezicificirung des in allen diesen Geschichten zu entrichtenden Betrags bitten, und ersuche, mir gefälligst anzugeben, ob Sie nicht vielleicht einen besondern Weg wünschen durch welche der Geldbetrag an Sie gelangen soll, damit ich mich darnach richten könnte.
Mit den herzlichsten Grüßen von meinem Vater bleibe ich mit
 
wahrer Verehrung zugethan
Louis Kleinwächter
 
Gerne hätte ich außer den Officio(???) hir(???) noch Manches erwähnt, allein die Zeit erlaubt es für Heute durchaus nicht mehr; ich muß es darum auf Nächstens versparen.

Autor(en): Kleinwächter, Louis
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Berra, Marco
Führer, Robert
Horak, Wenzel
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Des Heilands letzte Stunden
Spohr, Louis : Die letzten Dinge
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen: Tonkünstler-Sozietät <Prag>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1835090931

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Kleinwächter an Spohr, ab dem 17.07.1835.. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Kleinwächter an Spohr, 06.03.1836.
 
[1] „dz“ = Abk. f. „dasz“.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (15.03.2019).