Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hamburg d. 20sten Aug. 1835.

Verehrter Herr Capellmeister!

Indem ich vor Kurzem aus dem tiefen Norden hier angelangt bin, erfahre ich leider erst gestern daß Sie ein neues Oratorium geschrieben, und den Clavierauszug deßelben auf Subscription herausgeben. Ich eile deswegen mich directe an Sie zu wenden mit der ergebenen Anfrage, ob es noch möglich ist ein Exemplar für mich zu ertieren(???), und ob ich daßelbe bis zum 1sten Sept. oder höchsten 8 Tage später erhalten kann, indem ich alsdann nach Finnland reise, wohin es später schwierig sein mögte den Clavierauszug an mich gelangen zu laßen? - Vielleicht wäre es nur durch Ihre besondere gütige Vermittlung möglich das Werk bis zu dieser Zeit hieher zusenden, und in diesem Falle würde ich Ihnen auf das innigste verpflichtet sein, da ich daßelbe so unbeschreiblich gerne schon jetzt mit mir nehmen mögte1. Auch mögte ich dann bitten, den Preis und die Art der Zahlung beizufügen. -
Wie oft ich mich nun schon gesehnt, Sie einmal wieder zu sehen, theuerster Herr Capellmeister, vermag ich nicht zu beschreiben. Mein Aufenthalt ist in diesem Sommer zu kurz um an eine Reise nach Cassel denken zu dürfen, allein in nächsten Jahre, hoffe ich zu Gott, wird einer der höchsten Wünsche meines Lebens erfüllt! - Was mich betrifft so habe ich Stockholm verlaßen; und dagegen eine sehr einträgliche Stelle an der Universität in Helsingfors als Musikdirector angenommen. Freilich sind die Kunstgenüße in einer größeren Stadt mannigfaltiger und ausgezeichneter, allein ich habe genug Zeit zum Reisen, lebe in sehr angenehmen Verhältnißen, und habe ich in pecuniärer Hinsicht sehr verbeßert, was uns armen Menschen am Ende noch das Nothwendigste ist.
Und nun noch ehe ich schließe eine Bitte bester Herr Capellmeister: Fast alle Ihrer Schüler haben ein Manuscript von Ihnen, sogar Freunde z.B. Montell & Berrvald aus Schweden dürfen sich dieser Auszeichnung erfreuen; ich habe diese Bitte nie wagen mögen, aber wollen Sie mich recht glücklich machen, so legen Sie dem Clavierauszuge eine Kleinigkeit von Ihrer Composition bei, wenn auch nur ein kleines Lied! - -
Meine Eltern empfehlen sich Ihnen auf das Herzlichste, und indem ich Sie ersuche mich jedenfall einer gütigen Antwort zu würdigen, zeichne ich

mit Hochachtung und Ergebenheit
F. Pacius.

Autor(en): Pacius, Fredrik
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Berwald, Franz
Montell
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Des Heilands letzte Stunden
Erwähnte Orte: Helsinki
Stockholm
Erwähnte Institutionen: Universität <Helsinki>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1835080840

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Pacius, 27.05.1828. Spohr beantwortete diesen Brief am 25.08.1835.

[1] „mögte“ über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (14.09.2017).