Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sr. Wohlgeboren
dem Kapellmeister Herrn Spohr
Eigenhändig


Wohlgeborner Herr
Hochgeehrter Herr Kapellmeister

Schon lange hegte ich den Wunsch Ew. Wohlgeboren einige meiner Compositionen zur gütigen Durchsicht und Beurtheilung nach Cassel zu übersenden, jedoch konnte ich bis jetzt nie eine zuverlässige Gelegenheit dazu finden. Amsterdam hat das Glück sich der Gegenwart unsres größten Meisters zu erfreuen1, und besonders für uns Deutsche welche sich hier aufhalten ist es das größte Vergnügen.
Der Name Spohr umfast nicht allein das größte Talent, sondern auch die so allgemein bekannte Güte und Menschenfreundlichkeit welche Sie Herr Kapellmeister gegen jedermann, und besonders in musikalischen Bezieungen2 an den Tag gelegt haben, machen mich so kühn, Ihnen hochverehrter Mann die beikommenden Werke eines gütigen Blicks zu würdigen, zu übersenden.
Sollte ich zu dreist sein, Ihnen an einen Ort und zu einer Zeit läöstig zu fallen, welche nur der Erholung gewidmet war, so möge mich das in etwa entschuldigen, daß uns das Glück nicht oft theilhaftig wird, Sie in den Mauern dieser Stadt zu sehn, und wem ist es nicht bekannt daß Sie die Tonkunst allen Andern vorziehn. Vertrauend also auf Ihre Güte, ermuthigt durch die Worte welche Sie in Ihren Unsterblichen Werke (Violinschule) allen jungen Tonkünstlern zurufen lege ich schüchtern, jedoch vertrauend auf Ihre Güte und Nachsicht die schwachen Versuche meiner Kunst zu Ihren Füßen, und bin so frei, mir einen beglückenden Augenblick zu erbitten, und Persönlich vor Ihnen erscheinen zu dürfen.
Mit der größten Hochachtung und Ehrerbietung habe ich die Ehre mich zu nennen

Ew Wohlgeboren
Hochverehrender Diener
Louis Erck
Erster Oboist des National Theaters

Amsterdam den 1ten July 1835

Autor(en): Erck, Louis
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen:
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Violinschule
Erwähnte Orte: Amsterdam
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1835070143

Spohr



Das nächste erhaltene Schriftstück dieser Korrespondenz ist Erck an Spohr, 08.07.1835.

[1] Spohr war am Vortag in Amsterdam eingetroffen (vgl. „[De beroemde komponist Spohr]“, in: Algemeen Handelsblad 01.07.1835, nicht paginiert; „[De Keurvorstelijk-Hessische hofkapelmeester, Louis Spohr]“, in: Bredasche courant 02.07.1835, nicht paginiert;

[2] Sic!

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (07.02.2023).